Geschichte
Die Vorgeschichte des Vereins Die
Geschichte des Akkordeonorchesters
Carl Zeiss JENA e.V.
beginnt eigentlich am 6. September 1937 mit der Gründung einer
Akkordeon-Spielgemeinschaft gleichen Namens durch Fritz Schönberger,
Karlheinz Reich und Heinz Querchfeld im Jenaer Normannenhaus. Vom
Gründungsvorstand konnten noch am gleichen Tag Elisabeth
Bähring, Frau Grund, Lore Schönberger, Ursula Werther, Hans
Willy Ehlers, Carl Glatzel, Hans Heißwolf, Helmut Kraft, und
Fritz Krauß in das neue Orchester aufgenommen werden.
Zusätzlich hatten noch etwa 50 Personen ihre Absicht bekundet,
dem Orchester beizutreten, würden aber das Akkordeonspiel erst
erlernen müssen. Die
ersten Aktivitäten des Akkordeonorchesters
Carl Zeiss richteten sich
dementsprechend vor allem auf die Instrumentalausbildung potentieller
künftiger Mitspieler aber auch auf die zügige Erarbeitung
eines Repertoires für Auftritte zu Werksfeiern und
Kameradschaftsabenden. An Auftrittsmöglichkeiten mangelte es
nicht, und der neue Klangkörper erwarb sich schnell einen guten
Ruf nicht nur innerhalb des Zeiss-Werkes. Schaut
man sich die Programme von damals an, ist eines sofort erkennbar: Das
Musizieren des Orchesters beschränkte sich bei einem Auftritt
auf maximal vier Musikstücke. Die übrige Zeit wurde mit
Solo- und Duo-Darbietungen, Moderationen und oft sogar mit clownesken
Einlagen ausgefüllt. Nicht selten nahm auch eine kleine
Nachwuchsgruppe mit dem, was sie gerade erarbeitet hatte, am Programm
teil. Interne
Querelen führten 1940 zu einer von höchster Kulturstelle
des Zeiss-Werkes akzeptierten Spaltung des Klangkörpers. Ab dem
1. Juli 1940 gab es sowohl eine Akkordeon-Spielgemeinschaft
Carl Zeiss als auch ein
Akkordeonorchester Carl
Zeiss . Letzterem war aber
nur ein halbes Jahr Lebensdauer beschieden. 1941 existierte dann nur
noch die Akkordeon-Spielgemeinschaft
Carl Zeiss , und das sollte
auch bis zum März des Jahres 1945 so bleiben. Der
größte musikalische Erfolg des jungen Orchesters war
zweifelsohne das Konzert mit dem damals berühmten
Akkordeonmeister Hermann Schittenhelm. Am 4. Oktober 1942 um 20.00
Uhr fand vor sage und schreibe 1300 Besuchern im Großen Saal
des Jenaer Volkshauses „Ein Abend mit Hermann Schittenhelm”
statt. Für die musikalische Umrahmung des furiosen Auftritts des
Künstlers sorgte die Spielgemeinschaft mit neuen Märschen,
Tänzen und Charakterstücken, die sowohl von Orchester,
Quartett und Trio dargeboten wurden. In das Dirigat teilten sich Hans
Luther und Karlheinz Reich. Im zweiten Teil hatte auch die gut
besetzte Kindergruppe ihren Auftritt. Wie
Dr. Leo Hartmann in seiner Rezension bemerkte, hatte das
Akkordeontrio mit seiner Darbietung von Hugo Hermanns „Abendmusik”
einen großen Schritt in Richtung neuer Harmonikamusik getan.
Das polyphone Stück verzichtete konsequent auf die
akkordeontypische Begleitung der linken Hand und erreichte dadurch
eine Klarheit und Durchsichtigkeit in den Stimmen, die für ein
Akkordeonensemble damals noch sehr ungewöhnlich war. Kriegs-
und Arbeitsdienst erschwerten schon seit 1939 die kontinuierliche
Probenarbeit der Spielgemeinschaft erheblich, da ständig
Mitglieder fehlten. Auch die künstlerische Leitung musste
deshalb mitunter von einem auf den anderen Tag gewechselt werden, um
den Proben- und Spielbetrieb aufrecht zu erhalten. Es ist
erstaunlich, dass das immer wieder gelang. Beweis hierfür sind
die vielen Auftritte in den vierziger Jahren in Lazaretten und zu
Kameradschaftsabenden. Nach
dem kriegsbedingten Ausfall von Heinz Querchfeld und Hans Luther lag
die Leitung des Orchesters ab 1. April 1944 in den Händen von
Elfriede Benedix. Aus ihrer Feder stammt die wunderschöne
Chronik der Akkordeon-Spielgemeinschaft
Carl Zeiss , die sich heute
im Besitz des Vereins befindet. Frau Benedix war später
Akkordeonlehrerin in Ravensburg und auch nach ihrem Ausscheiden aus
dem Berufsleben noch viele Jahre Mitglied des dortigen
Akkordeonorchesters. Mit
den zwei Großangriffen auf Jena am 17. und 19. März 1945
endete praktisch die Geschichte der Akkordeon-Spielgemeinschaft
Carl Zeiss . Aus selbigem
Jahr sind keinerlei Aktivitäten mehr bekannt, zumal der größte
Teil des Inventars in der Firma Zeiss gelagert war und mit dem
Umsturz verloren ging. Mitglieder
der Akkordeon-Spielgemeinschaft
Carl Zeiss von 1937 bis
1945 waren laut Chronik: Helga
Arnold, Erika Aßmann, Elisabeth Bähring, Erika Bellstedt,
Elfriede Benedix, Edith Büchner, Helga Dattan, Else Diener,
Erika Gräßler, Annemarie Greiner, Frau Grund, Christa
Güttich, Dagmar Hey, Anneliese Kaun, Erika Keller, Lieselotte
Kreutzburg, Sonja Lange, Charlotte (Lotti) Lehmann, Frau Oswald,
Annemarie Röder, Lore Schönberger, Erika Schultz, Anna
Sonntag, Helga Werner, Ursula Werther Lieschen
(Elisabeth) Feldmeier Karl-Heinz
Adami, Walter Albrecht, Gerhard Bertram, Walter Bochtan, Hans Willy
Ehlers, Gerhard Engelmann, Harry Franke, Walter Gimpel, Carl Glatzel,
Heinz Günther, Hans Heißwolf, Heinrich Helbig, Curt
Hempel, Hans Hoche, Rudolf Höhne, A. Jünger, Gottfried
Junghans, Edgar Kieß, Fritz Kneist, Wilhelm Knoll, Kam. Kohl,
K. Korn, Helmut Kraft, Fritz Krauß, R. Krauße, Hans
Luther, Wolfgang Mayer, Paul Merkel, Heinz Moll, Heinz Neupert,
Manfred Peters, Erich Pohl, Egon Puschner, Heinz Querchfeld, Horst
Reich, Karlheinz Reich, Kurt Schache, Kam. Scherneck, Georg Schiller,
Gerhard Schmidtke, Fritz Schönberger, Kam. Schubert, Walter
Stark, Harri Süß, Kam. Unger, Otto Vieweger, Kam. Walter,
Eugen Wankmüller und Helmut Weiser. In
der Kindergruppe musizierten zuletzt: Gisela
Böhme, Erna Fülle, Inge Grün, Lore Lenke, Elfriede
Lori, Erna Lori, Erika Mai, Renate Möller, Sigrid Münster,
Käthe Panzer, Regina Roscher, Heidi Rotte, Erna Vorsatz Harald
Bratfisch, Egon Ehrhardt, Gerhardt Hoppe, Fritz Krauß,
Friedrich Kreutzburg, Siegfried Niethardt und Dieter Trübner.
Die
Vorgeschichte des Vereins ist aber damit noch längst nicht zu
Ende. Karlheinz
Reich, ein Mitglied des Gründungsvorstands der ehemaligen
Akkordeon-Spielgemeinschaft
Carl Zeiss , baute 1946 die
Harmonikagruppe neu auf. Sie nannte sich jetzt Akkordeonorchester
der Freien Deutschen Jugend
und wurde auch von dieser Organisation getragen. Die Arbeit des
Orchesters glich in vielem der der früheren Spielgemeinschaft.
Dies betraf sowohl das Repertoire als auch die Proben- und
Aufführungspraxis. Auftritte gab es zu gesellschaftlichen
Höhepunkten in der Stadt Jena und in der ländlichen
Umgebung. Die schon erwähnte Elfriede Benedix arbeitete in
diesem Orchester noch bis zum Beginn ihres Musikstudiums in
Trossingen 1947 aktiv mit. Im
gleichen Jahr gründete Hans Kortum, ein bekannter Jenaer
Akkordeonlehrer und Komponist sein Großes
Akkordeonorchester , welches
über mehr als zehn Jahre nicht aus dem kulturellen Leben der
Stadt wegzudenken war. Noch 1946 waren seine Schüler gemeinsam
mit dem Akkordeonorchester
der FDJ im Konzert
aufgetreten, aber schon im Folgejahr hatte er durch die Übernahme
der Instrumentalausbildung der Mitglieder von Karlheinz Reichs
Spielgemeinschaft erreicht, dass diese seinem Orchester bei dessen
Gründung beitraten. Ab 1947 existierte deshalb in Jena nur noch
das Große
Akkordeonorchester Hans Kortum . Hans
Kortum behielt in seinen Konzerten die alte Aufführungspraxis
Einzel- und Gruppen-darbietungen dem Orchesterspiel gegenüber zu
stellen bei, führte aber eine wesentliche Neuerung ein. Er
verzichtete in seinen Programmen konsequent auf Werke im damals
gewohnten Akkordeonstil, wie Märsche, Polkas oder andere
Volkstänze. Er sah seine Orchesterarbeit vor allem als eine
Möglichkeit an, das Publikum mit künstlerisch und technisch
anspruchsvollen Beiträgen zu erfreuen und auch in dieser
Richtung zu erziehen. Vom
Fachpublikum musste er dafür oft genug herbe Kritik einstecken,
denn sein Kunsteifer ging letztendlich so weit, nur noch eigene
Kompositionen aufzuführen, die seiner Meinung nach diesem
Anspruch genügten. Sie entsprachen aber so gar nicht dem
Geschmack der damaligen Rezensenten. Leider ist es heute nicht mehr
möglich, Sinn oder Unsinn seiner Bestrebungen nachzuweisen, denn
das Notenmaterial seines Orchesters wurde in alle Winde verstreut.
Trotz intensiver Suche konnte bis dato nicht ein einziges seiner
Orchesterwerke in Partitur oder Stimmen vollständig aufgefunden
werden. Bis auf wenige Einzelstimmen ist wohl das gesamte
Orchesterwerk Hans Kortums verschollen. Der Popularität seines
Orchesters tat das alles aber keinen Abbruch. Seine Konzerte füllten
den Großen Saal des Jenaer Volkshauses und seine Schüler
gingen für ihn durch dick und dünn. 1957
feierte das Große
Akkordeonorchester Hans Kortum
mit einem Konzert im Jenaer Volkshaus erfolgreich sein 10-jähriges
Bestehen. Der Große Saal war gut gefüllt und das Publikum
honorierte die Leistungen des Orchesters mit viel Beifall. Eine
Rezension dieses Konzertes hat die Zeiten überdauert, aber auch
sie ist sehr zwiespältig, wenn es um die Leistung von Orchester
und künstlerischem Leiter geht. Ein
15-jähriges Jubiläum des Großen
Akkordeonorchesters Hans Kortum
sollte es aber schon nicht mehr geben. Anfang der 60er Jahre musste
Hans Kortum den Dirigentenstab krankheitsbedingt zur Seite legen und
in Ermangelung eines Nachfolgers löste sich sein Orchester
binnen kürzester Zeit auf.
Rund
zehn Jahre vorher, nämlich 1952, fasste Gerhard Pröschild,
Akkordeonlehrer an der jungen Volksmusikschule Jena, seine Schüler
zu einer Harmonikagruppe zusammen und begann mit ihnen im Ensemble zu
spielen. Die gemeinsamen Proben zeigten bald erste Erfolge, und am 7.
Dezember 1952 erlebte das neugegründete Orchester anlässlich
eines Schülerkonzertes der Volksmusikschule seinen ersten
öffentlichen Auftritt. Schon
nach zwei Jahren intensiver Arbeit wuchs die kleine Gemeinschaft aus
dem für Musikschulen üblichen Rahmen hinaus. Denn nach den
1954 stattgefundenen erfolgreichen Konzerten in Jena und Camburg war
klar, dass seitens der Volksmusikschule als staatlichem Institut in
der Zukunft keinesfalls die Mittel für eine angestrebte
Erweiterung der Konzerttätigkeit in Stadt und Land vorhanden
sein würden. Eine allseits befriedigende Lösung wurde
gesucht und auch gefunden. Mit den Kollegen Reich und Schreyer vom
VEB Carl Zeiss Jena fanden informative Gespräche statt, die die
Übernahme des Orchesters in die Reihe der Betriebskulturgruppen
zum Inhalt hatten.
Die 50er Jahre - Anfang
Am
28. Januar 1955 reihte das damalige Unternehmen VEB Carl Zeiss Jena
die schon seit 1952 bestehende Akkordeonspielgruppe Gerhard
Pröschilds in seine Betriebskulturgruppen ein. Dieses Datum gilt
als Gründungstag des Akkordeonorchesters
Carl Zeiss JENA, und die
folgenden 35 Jahre wurde es vom gleichnamigen Trägerbetrieb
gefördert und finanziert. Das betraf erst einmal die
Bereitstellung geeigneter Probenräumlichkeiten, die in der von
der Firma Zeiss zur damaligen Zeit verwalteten ehemaligen Gaststätte
Max und Moritz
in der Zwätzengasse gefunden wurden. Desgleichen galt es, Mittel
für den Aufbau eines orchestereigenen Instrumentariums und die
Anschaffung von neuem geeignetem Notenmaterial bereitzustellen. Schon
bei seiner Gründung zeigte sich dabei der organisatorische
Unterschied des neuen Klangkörpers zu seinen beiden Vorgängern,
von denen ja einer noch über fünf Jahre parallel
existierte. Seine Basis war nicht die in der Vergangenheit bewährte
Vereinsstruktur, denn diese galt im neuen System als anachronistisch.
Demzufolge waren nicht mehr Mitgliedsbeiträge und Einspielerlöse
die Grundlage der Finanzierung, sondern die direkte finanzielle
Förderung (Subvention) durch den Trägerbetrieb VEB Carl
Zeiss Jena. Diese umfasste beileibe nicht eine feste und
kalkulierbare Summe pro Jahr oder Spielzeit. Von
eigenverantwortlicher Verwaltung der finanziellen Mittel konnte also
keine Rede sein. Aber was vom Leiter gut begründet angefordert
wurde und in den geplanten Rahmen des Kulturfonds passte, ist der
Kulturgruppe meist auch bewilligt worden. Die
Orchesterstärke pegelte sich zwischen 12 und 15 Mitgliedern ein.
Heute würde man eher von einem Ensemble als von einem Orchester
sprechen, aber in dieser Stärke fanden allein im Jahr 1956 schon
12 Auftritte statt. Die Literatur des Orchesters bestand noch
ausschließlich aus Volks- und Volkstanzmusik. „Thüringer
Schnurren” lösten die „Börde-Tänze”
ab, der „Ziegenrücker Polkaschritt” folgte auf die
„Mecklenburgischen Dorfmusikanten“; schon die Titel
wirken heute wie aus einer anderen Welt. Es herrschte im Ensemble
eben immer noch das Verständnis vor, das Akkordeon sei lediglich
ein reines Volksinstrument, obwohl Hans Kortum zur gleichen Zeit in
Jena das Akkordeonorchesterspiel schon als mit anderen
Orchesterinstrumenten gleichwertige künstlerische Darbietung
lehrte und in seinen großen Konzerten auch zu zeigen versuchte. Erstaunlich
ist, dass das Orchester schon im Jahr 1957, nach erfolgreicher
Teilnahme am Kreisausscheid in Jena, zum Bezirksausscheid für
Kulturgruppen nach Gera delegiert wurde. Über die erreichte
Leistung dort ist leider nichts mehr bekannt. In einer Festansprache
zum 10-jährigen Bestehen der Musikgruppe 1962 ließ man
knapp verlauten: „Mit Erfolg teilgenommen”. 1958
verließ der Gründer der Musikgruppe Gerhard Pröschild
den Klangkörper, und kurz entschlossen übernahm Hermann
Reinsch ab September die künstlerische und organisatorische
Leitung. Ihm gelang es in verhältnismäßig kurzer
Zeit, das Orchester zu einem festen Bestandteil des Jenaer
Kulturlebens zu machen. Dies gelang ihm vor allem durch die
kontinuierliche Auffrischung des Repertoires mit anspruchsvollerer
Literatur. Die Mitgliederzahl erhöhte sich auf konstante 15
Spieler, und ebenso viele Auftritte wurden im Jahr 1958 absolviert,
zum Zeiss-Fest wurde sogar zweimal gespielt. Im Folgejahr zählte
man allein 11 Klinikseinsätze, von denen zwei außerhalb
stattfanden, in Bad Klosterlausnitz und in Masserberg. Seit
dem Ausscheiden des Gründers Gerhard Pröschild trat ein bis
dahin nicht für so wichtig gehaltenes Problem in den
Vordergrund: das Erhalten von Nachwuchsspielern, um die durch
natürliche Fluktuation (Lehre, Studium, NVA-Zeit) entstehenden
Lücken in der Orchesterbesetzung auszugleichen. Und hier müssen
wir auf ein Grundproblem der damaligen und leider auch noch der
heutigen Laienensembles zu sprechen kommen. Wohl
den Orchestern, die von einer Musikschule getragen werden oder die
durch Lehrverträge mit professionellen Ausbildern (Musiklehrern)
verbunden sind. Sie haben das große Los gezogen und können
sich über mangelnden Nachwuchs meist nicht beklagen. Auf dieser
Struktur basieren weit über 70 % der in den alten Bundesländern
existierenden Musikvereine. Aber
wehe denen, die selbst nicht ausbilden können, weil sie auf
einer anderen Vereinsstruktur basieren und keine verkappten privaten
Musikschulen sind. Diese werden immer nur mehr oder weniger zufällig
an neue Mitglieder herankommen. Ihre einzige Möglichkeit
diesbezüglich sind spektakuläre öffentliche Auftritte,
die nicht nur Insider-Publikum anziehen und seit geraumer Zeit auch
die Präsenz auf einer guten Internetseite, die mit anderen oft
besuchten Infoseiten geschickt verlinkt ist. An letzteres war damals
natürlich noch nicht zu denken. Mitglieder konnten nur durch ein
anspruchsvolles und gefälliges Repertoire und viel öffentliche
Präsenz durch Auftritte gehalten und geworben werden. Und
das versuchte Hermann Reinsch mit großer Energie in die Tat
umzusetzen. Desgleichen verwendete er viel Mühe darauf, selbst
neue Spieler heranzubilden und auf das Orchesterspiel vorzubereiten.
Trotzdem konnte er einen Rückgang der Orchesterstärke auf
11 Spieler zum Jahresende 1959 nicht verhindern. Die Talsohle war
aber damit immer noch nicht erreicht. Mitglieder
des Akkordeonorchesters Carl Zeiss JENA waren in den 50er Jahren: Ute
Bein, Renate Frische, Annelies Gärtner, Karin Hansen, Christa
Herrmann, Ingrid Kister, Helga Kroitsch, Ingeborg Miosga, Annemarie
Müller, Renate Oehrling, Ingeborg Pröschild, Maria
Schulte-Pelkum Helmut
Demel, Günter Diez, Herbert Dzugga, Herbert Eschler, Roland
Flegel, Joachim Höfer, Gerhard König, Günther
Machmerth, Gerhard Pröschild, Gerd Quellmelz, Hermann Reinsch,
Peter Vogler, Manfred Weber, Peter Werner
Die
60er Jahre mit der gesellschaftlichen Zwangsabschottung für
immerhin 28 Jahre läuteten eine erste und erbitterte Phase des
globalen Kalten Krieges ein. Am 13. August 1961 begann der Bau der
Mauer, die damals natürlich nicht so genannt werden durfte.
Offizieller Begriff war Antifaschistischer
Schutzwall, was Sinn und
Zweck derselben auf unmenschliche Weise ins Gegenteil verkehrte. Die
Mauer ist nie ein Schutz gegen außen gewesen, sie war die
letzte und einzige Möglichkeit der Parteiführung, ein
restloses Ausbluten Ostdeutschlands zu verhindern. Zeitgleich
mit der in ihrer Dimension einmaligen Republikflucht aus der
damaligen DDR sank die Orchesterstärke des Akkordeonorchesters
Carl Zeiss JENA 1960 auf
den historischen Tiefpunkt von 8 Mitspielern. Die einsamen 5
Auftritte des Jahres wurden im Quintettmodus durchgeführt. Dank
des unerschütterlichen Durchhaltewillens des Leiters Hermann
Reinsch und seiner treuen Musiker konnte aber die Durststrecke bald
überwunden werden. Schon im Folgejahr stieg die Mitgliederzahl
wieder auf 13, und im November des gleichen Jahres konnte das
Orchester der Einladung der Naumburger
Harmonisten folgeleisten
und das erste Mal mit ihnen zusammen in einem Konzert auf der Bühne
stehen. Diese Naumburger Konzerte, in Zukunft fast jährlich
durchgeführt und stets mit einem zünftigen geselligen
Beisammensein beschlossen, sollten in der Zukunft zu einer schönen
Tradition werden und endeten erst mit dem Hinscheiden des allseits
beliebten Chefs der Naumburger Walter Becker 1978. Am
15.12.1962 wurde mit einer Jubiläumsfeier dem 10-jährigen
Bestehen des Orchesters gedacht, man rechnete noch ab 1952, dem
Gründungsjahr der Spielgemeinschaft durch Gerhard Pröschild.
Die Spielerin Ingrid Kister hielt eine kleine Ansprache, in der sie
das Wachsen und Werden ihres Akkordeonorchesters
Carl Zeiss JENA in
eindrucksvollen Worten beschrieb. Man hatte allen Grund zum Feiern,
war doch die Talsohle in der Entwicklung des jungen Orchesters
endlich durchschritten. 24 erfolgreiche Auftritte allein im Jahr 1962
legten dafür ein beredtes Zeugnis ab. In
die 60er Jahre fiel auch eine bedeutsame Weiterentwicklung im
Orchesterspiel, die auf den Klang der Akkordeonorchester einen nicht
zu unterschätzenden positiven Einfluss hatte. Es handelte sich
um den Wechsel vom sogenannten 4-stimmigen zum 5-stimmigen
Orchestersatz und die daraus resultierende allgemeine Umstellung und
Erweiterung des Orchesterrepertoires. Bisher war es üblich
gewesen, zumindest in der dritten Stimme Melodie und Bassbegleitung
also rechts und links auf dem Akkordeon zu spielen. Die Einführung
einer dritten von Bass und harmonischer Begleitung unabhängigen
Melodiestimme (in Anlehnung an die Bratschenstimme des
Streichorchesters) veränderte den Orchesterklang vor allem
deshalb so nachhaltig, weil sie mit dem konsequenten Wegfall der
Benutzung der linken Seite des Akkordeons beim Orchesterspiel
einherging. Dem bis dahin durch die festliegenden Harmonien typischen
Volksmusiksound wurde
ein neuer flexiblerer Klang entgegengestellt. Möglich
geworden war dies vor allem durch die Entwicklung eines reinen
Akkordeonbass-instrumentes speziell für die Orchesterpraxis
durch den modernen Instrumentenbau. Komponisten und Arrangeure
konnten jetzt die genaue Tonhöhe der Bassstimme festlegen und
waren nicht mehr nur auf das angewiesen, was die linke Knopfleiste
der normalen Akkordeons bereithielt. Um diesen Umstand einigermaßen
zu kaschieren, setzten bis dato viele Orchester Streichbässe
ein. Das fiel nun weg, und es war nur noch eine Frage der Zeit, dass
auch die Harmoniebegleitung einer neuen Stimme und damit auf die
rechte Seite des Akkordeons übertragen wurde. Die heute übliche
4. Stimme und damit der fünfstimmige Akkordeonorchestersatz
waren geboren. Natürlich
gab es in der Folgezeit Bestrebungen, diesen kontinuierlich über
Jahrzehnte gewachsenen Satz noch zu erweitern. Aber außer der
Bereicherung des Klangbildes durch verwandte Zusatzinstrumente wie
das Elektronium, die Elektronenorgel oder seit den 80er Jahren den
Synthesizer hat es keine größeren Veränderungen mehr
gegeben. Entsprechende Versuche, eine fünfte unabhängige
Akkordeonstimme einzuführen, haben sich nach wie vor nicht
durchsetzen können. Bei
der Erweiterung des Repertoires gingen die Bestrebungen des
Orchesters einerseits in Richtung moderner originaler
Akkordeonorchesterkompositionen, andererseits jedoch wurde nicht
versäumt, auch gute Bearbeitungen gehobener Unterhaltungsmusik
für neue Auftrittsprogramme zu erwerben. Hermann Reinsch hatte
durch seine verwandtschaftlichen Beziehungen so manches begehrte Werk
aus Westverlagen beschaffen können. So erschienen bald die
ersten Kompositionen Rudolf Würthners auf den Probenplänen,
und die interessante Reihe „Hans Boll musiziert“ mit
Originalwerken für Akkordeonorchester aus der DDR wurde
angeschafft. Desgleichen begannen die Proben an Josef Rixners
bekannter „Bagatelle-Ouverture“ in der Bearbeitung Rudolf
Würthners und Helmuth Herolds Medley bekannter amerikanischer
Volksweisen „Old Folks At Home“ avancierte zum
Lieblingsstück des Orchesters. Der
Nachschub mit interessanter Literatur klappte natürlich nicht
reibungslos. Hermann Reinsch, wie so viele andere Orchesterleiter
auch, versuchte diesem Missstand durch das Einbringen eigener
Arrangements abzuhelfen. Seine damals entstandene Bearbeitung des
„Tango Poesie“ von Josef Rixner gehört bis heute zum
festen Repertoire des Orchesters. Das
Jahr 1964 brachte einen mächtigen Quantitäts- und damit
auch Qualitätssprung für die Spielgemeinschaft. Die
Orchesterstärke wuchs auf durchschnittlich 20 Spieler an und
ermöglichte endlich die Durchsetzung des modernen 5-stimmigen
Satzes in der Praxis. Allein 7 Spieler waren von der Volksmusikschule
delegiert worden, ein Vorgang, der sich in diesem Umfang nie mehr
wiederholen sollte. Der
Höhepunkt des Jahres 1964 war zweifellos die Teilnahme des
Akkordeonorchesters Carl
Zeiss JENA am
Deutschlandtreffen der Jugend in Berlin-Biesdorf. Um die dafür
notwendigen Proben intensiv durchführen zu können, fand in
Vorbereitung dieses Auftritts erstmals in der Geschichte des
Orchesters eine Wochenendschulung statt. Das Betriebsferienlager
Remschütz sollte für den Verein in der Zukunft noch öfter
Herberge für Veranstaltungen dieser Art sein. Ebenfalls
1964 wurde der Seitenflügel des Jenaer Volkshauses als
Kulturhaus eingeweiht, und von da an besaß das Orchester
endlich sowohl einen ordentlichen Probenraum, als auch die
Möglichkeit zur Aufbewahrung seines Notenmaterials und des immer
umfangreicher werdenden Instrumentariums. Die
Teilnahme am Kreisleistungsvergleich erforderte schon im Januar des
Folgejahres die zweite Wochenendschulung in Remschütz. Die
Spielstärke zur Veranstaltung betrug 21 und lag damit recht
hoch. Aus dem Veranstaltungskalender des Jahres 1965 stechen ein paar
kuriose Örtlichkeiten heraus, sie sollen deshalb hier genannt
werden: das Café
Deutsches Haus, die
Wilhelmshöhe,
die Wartehalle am
Holzmarkt, die Ratszeiße
und der Musikpavillon
Paradies. Über
die restlichen vier Jahre dieser Dekade ist zusammenfassend noch zu
berichten, dass sich in diesem Zeitraum die Zahl der Konzerte mit den
Naumburger Harmonisten
auf insgesamt 6 erhöhte und 1969 schon die 7. Wochenendschulung
in Remschütz durchgeführt wurde, übrigens mit 8!
Nachwuchsspielern aus der Volkskunstschule
Jena als Gäste.
Schon seit der 5. Wochenend-schulung nahm regelmäßig ein
Quintett des Akkordeonlehrers Dieter Musche an diesen Veranstaltungen
teil. Hermann Reinsch begriff die intensiven Proben auch als
Möglichkeit neue Mitglieder zu werben. Und woher sollten die
wohl kommen, wenn nicht von der Volkskunstschule
Jena. Desgleichen war
eine Tanzkapelle für den obligatorischen Dorfabend mit
angereist, und zum ersten Mal in der Geschichte des
Akkordeonorchesters Carl
Zeiss JENA wurde im
Dorfkonzert ein orchesterfremdes Instrument eingesetzt, das Xylophon,
gespielt von Conrad Haase, der in der Folgezeit die Spielgemeinschaft
oft am Schlagzeug unterstützt hat. Und 1966 war das Jahr mit den
meisten Klinikseinsätzen, im Ganzen 17. Mitglieder
des Akkordeonorchesters Carl Zeiss JENA waren in den 60er Jahren: Heide
Bogdanski*, Marlies Braune, Gudrun Eiselt, Martina Fischer, Marianne
Fries, Ilona Germer, Karin Hansen, Karin Henkel, Brunhilde Hüttich,
Martina Hüttich, Annelies Jakisch geb. Gärtner, Renate
Kaulfuß*, Ingrid Kister, Inge Kneusel, Johanna Kölbel,
Gisela König, Ursula Krenze, Ingeborg Miosga, Manuela
Neumeister, Renate Peukert, Doris Schmidt, Heidemarie Schmidt, Uta
Schreiter, Bärbel Seiler, Marga Sieb, Karin Sorge, Karin Stern,
Rosemarie Tröster geb. Junge, Sabine Walter, Hella Weise Konrad
Bauer, Jörg Bräutigam, Volker Diez, Roland Flegel, Gisbert
Göbel*, Reinhard Grün, Conrad Haase*, Peter Hahn, Dieter
Kell, Ullrich Luge, Günther Machmerth, Klaus Neumann, Bernd
Pauli, Hans-Jörg Raguschke*, Konrad Reinhardt, Hermann Reinsch,
Rainer Richter, Uwe Schleich, Harald Schreiber, Gottfried Spielvogel,
Konrad Veit*, Manfred Weber
Die 70er Jahre – Experimente
Die
70er Jahre ließen mit dem allgemeinen gesellschaftlichen
Aufbruch in der DDR, zumindest bis zur Ausbürgerung Wolf
Biermanns 1976, endlich an lange erhoffte Freiheiten in Kunst und
Kultur denken. Die Verteufelung der Beat- und Rockmusik gehörte
der Vergangenheit an, es begann sich sehr schnell sogar eine eigene
Szene zu entwickeln. Aleatorik und serielle Kompositionstechniken in
der sogenannten E-Musik galten nicht länger als reaktionäre
Auswüchse kapitalistischer Unkultur, und die Möglichkeit
von freier Rhythmik und Harmonik im Jazz wurde nicht mehr als
organisierter Lärm abgetan. 1970
fanden wieder einige auswärtige Auftritte statt, so in Gera,
Kunitz, Maua und Göschwitz, nicht zu vergessen das 7. Konzert
mit den Naumburger
Harmonisten in Naumburg.
Ein weiterer wichtiger Auftritt fand anlässlich des nun in
Betriebsfestspiele des VEB
Carl Zeiss umbenannten
Zeiss-Festes statt. Das war insofern wichtig, weil ab jetzt nicht
mehr nur Zeiss-Angehörige Zutritt hatten, sondern alle Jenaer
zum Besuch aufgefordert wurden und auch kamen. Dies war natürlich
eine äußerst günstige Werbeveranstaltung für das
Orchester und hatte als solche eine relativ hohe Publikumsresonanz. Im
Folgejahr wurde das Orchester unter anderem zur Teilnahme an der
Einweihungsfeier des FDGB-Ferienheims „Aktivist” in Bucha
an der Hohenwarte-Talsperre verpflichtet. Daneben fand auch ein
Auftritt zu den 2.
Betriebsfestspielen des VEB Carl Zeiss
statt, zu dessen Absicherung die nunmehr 8. Wochenendschulung
durchgeführt wurde, allerdings nicht im vertrauten Remschütz,
sondern in Schwarzburg. Im
genannten Zeitraum gab es wieder einmal größere
Mitgliederbewegungen. Nachdem die Orchesterstärke
zwischenzeitlich auf 12 Spieler abgesunken war, pendelte sich die
Zahl 1972 aber wieder bei 16 Spielern ein. Und zum ersten Tag
der offenen Tür des
Orchesters im gleichen Jahr kamen immerhin knapp 30 Zuhörer, das
Interesse nahm langsam aber stetig zu. Zur
öffentlichen Einstufung der Kulturgruppen im Januar 1973
erreichte das Orchester das beachtenswerte Prädikat Oberstufe
- sehr gut, eine 9.
Wochenendschulung fand in Eckartsberga statt, und im März des
gleichen Jahres stand Conrad Haase, der spätere künstlerische
Leiter, in einer Probe das erste Mal am Pult des Akkordeonorchesters
Carl Zeiss JENA. Auch
konnte endlich eine Elektronenorgel mit Verstärker für das
Orchester angeschafft werden, wodurch sich das Klangspektrum
bedeutend erweiterte. Im
Folgejahr fand anlässlich einer Festveranstaltung der erste
Auftritt im Jenaer Theater statt. Höhepunkte waren außerdem
das 8. Konzert bei den Naumburger
Harmonisten, ein Konzert
im Geraer Tierpark, der mittlerweile schon 3.
Tag der offenen Tür
und die Teilnahme an den 5.
Betriebsfestspielen des VEB Carl Zeiss.
Die 10. Wochenendschulung konnte wieder in Remschütz
durchgeführt werden. Das
Jahr 1975 stand ganz im Zeichen des 20. Jubiläums des
Akkordeonorchesters Carl
Zeiss JENA. Zum
Festkonzert im Großen Saal des Jenaer Volkshauses waren
zusätzlich 2 Schlagzeuger mit von der Partie. Und, wie der
Leiter Hermann Reinsch immer sagte, das Schlagzeug war wieder einmal
„das Salz an der Suppe”. Stücke wie die
„Bagatelle-Ouverture“ von Josef Rixner oder „Auf
einem Persischen Markt“ von Albert W. Ketélby erhielten
dadurch einen neuen Reiz und gefielen dem zahlreichen Publikum
außerordentlich. Die
zweite Hälfte der Siebziger Jahre war künstlerisch vor
allem durch musikalische Experimente geprägt, die das farbliche
Spektrum des fälschlicherweise oft als eintönig
beschriebenen Akkordeonklangs erweitern sollten. Angeregt durch das
Haus der Kultur
in Leipzig (für Akkordeonorchester der DDR eine ähnliche
Institution wie der Deutsche
Harmonikaverband im
anderen Teil Deutschlands) sollten alle Akkordeonorchester durch
Hinzuziehung weiterer Instrumente kontinuierlich zu sogenannten
Gemischten
Instrumentalbesetzungen
umgeformt werden, eine Entwicklung, die vor allem durch den bekannten
Akkordeonkomponisten Helmuth Reinbothe propagiert und aktiv gefördert
wurde. Die
modernen Instrumente dieser Zeit, mindestens vierchörig und mit
Tonkammer- oder Cassotto-Technik ausgerüstet, erlaubten jedoch
schon damals verblüffende Klangfarben und ließen
instrumentatorisch kaum Wünsche offen. Deshalb war unser
Orchester zwar eines der ersten, das begann, mit fremden Instrumenten
zu experimentieren, es blieb aber auf Grund der klugen Politik seines
damaligen Leiters immer ein reines Akkordeonorchester. In
der Folgezeit kam es zur Zusammenarbeit mit den verschiedensten
Instrumenten und Instrumentengruppen, von Trompete und Waldhorn über
Zither und Xylophon bis hin zu einer Bigband und einem ganzen
Mandolinenorchester. Klanglich am interessantesten stellte sich aber
die erfolgreiche Zusammenführung von Akkordeonorchester und
Streichquartett heraus. In dieser ungewöhnlichen Besetzung
wurden einige Konzerte und vor allem ein Orchesterwettbewerb in
Klingenthal bestritten. Für
die dafür notwendigen Einrichtungen und Bearbeitungen zeichnete
Conrad Haase verantwortlich, der schon seit seiner Schulzeit dem
Orchester vor allem als Schlagzeuger zur Seite stand. Während
seines Studiums an der Musikhochschule „Franz Liszt” in
Weimar hatte er begonnen, Arrangements für das
Akkordeonorchester zu schreiben. Anfangs waren es Ergänzungen
von Schlagzeugstimmen, so zum Beispiel für Josef Rixner’s
„Bagatelle“ und Albert W. Ketelby’s „Auf
einem Persischen Markt“ und es führte allmählich zur
Entstehung von vollständigen Orchesterarrangements. Sein
erstes vom Orchester aufgeführtes Komplettarrangement war das
Xylophon-Solo „Palisander“ von Addy Kurth. Aber sein
beliebtestes Arrangement aus der damaligen Zeit ist unbestreitbar der
Marsch „Hoch Heidecksburg“ von Rudolph Herzer, der immer
noch viel gespielt wird und wie das Xylophon-Solo „Palisander“
mittlerweile auch gedruckt vorliegt. Zu
den kuriosesten Bearbeitungen aus seiner Feder zählt sicher das
eben für den Zentralen
Leistungsvergleich Gemischter Instrumentalbesetzungen
in Klingenthal 1977 entstandene Arrangement von Hans Bolls „Thema
und Variationen über eine finnische Volksweise“ für
Akkordeonorchester, Streichquartett, E-orgel und Schlagzeug, welches
durch die Verwendung von Windmaschine, Donnerblech und eines
Tonbandes mit Meeresrauschen ein besonderes und ungewöhnliches
Kolorit erhielt. Schon
1976 musste das Orchester sich dem Auswahlverfahren für den
Wettbewerb, an dem es ein Jahr später teilnehmen sollte,
stellen. Mit einer Wochenendschulung, diesmal in der DJH Zeulenroda,
wurde die öffentliche Einstufung 1976 vorbereitet, die über
die Teilnahme am Wettbewerb mitentscheiden sollte. Es wurde mit 20
Spielern und zusätzlich 3 Schlagzeugern aufgetreten und das
Prädikat „Sehr gut” erreicht. Beim
Bezirksleistungsvergleich in Gera einige Zeit später trat das
Orchester mit einer ähnlich guten Leistung auf und erhielt damit
die Delegierung zum zentralen Wettbewerb im folgenden Jahr. Für
die Absicherung der ersten Teilnahme an einem zentralen
Leistungsvergleich konnte keine Wochenendschulung in der bewährten
Form durchgeführt werden. Es wurden deshalb 3 Sonderproben und
eine Ganztagsprobe am Ort absolviert. Eine öffentliche
Generalprobe im Kleinen Volkshaussaal schloss den
Intensivprobenprozess ab. Die
Teilnahme am Zentralen
Leistungsvergleich Gemischter Instrumentalbesetzungen
in Klingenthal sah ein Vortragsprogramm von 20 Minuten und ein
zusätzliches Programm für ein Unterhaltungskonzert vor.
Klugerweise hatten die Wettbewerbsveranstalter dafür gesorgt,
dass auch die Bevölkerung des Umlandes etwas davon hatte, auch
wenn sie nicht den öffentlichen Wettbewerb verfolgte. Der
Beitrag des Orchesters fand in der Kurhalle Bad Elster statt und
wurde ein grandioser Publikumserfolg. Auch
beim Wettbewerb selbst hatte das Orchester mit seinen
unkonventionellen Stücken beim Publikum großen Erfolg,
aber sie passten überhaupt nicht in das übrige angebotene
Spektrum hinein. So riet man bei der Auswertung des Beitrags allen
Ernstes von einer weiteren Zusammenarbeit mit Streichquartett ab.
Stattdessen sollten, wie bei den meisten anderen Gruppen auch,
einzelne Bläser mit einbezogen werden. Außerdem missfiel
den Juroren besonders die Stückauswahl, die so überhaupt
keine Rücksicht auf den Geschmack der damaligen
Akkordeonexperten nahm. Vom
heutigen Standpunkt aus betrachtet, hatten die Juroren natürlich
in mancher Beziehung durchaus Recht. Das Orchester war spieltechnisch
den meisten anderen Teilnehmern weit unterlegen. Die Einbeziehung
eines Streichquartetts war ein geschicktes Manöver gewesen,
dieses Manko einigermaßen zu kaschieren. Die Juroren hatten das
durchschaut und fielen auf den Trick nicht herein. Aber was ihren
Geschmack anbetraf, hielten sie an irgendwelchen künstlerischen
Idealen fest, die schon damals kein aufgeschlossener Orchesterleiter
mehr verstehen konnte, geschweige denn das normale Publikum. Dass es
für Akkordeonensembles erstrebenswerter sein könnte, gute
Unterhaltungsmusik zu machen, anstatt die „Ergüsse”
hehrer Kunst zu pflegen, ging einfach nicht in ihren Kopf hinein. Mit
den bewährten beiden Programmen des Wettbewerbs gastierte das
Orchester noch im gleichen Jahr und in gleicher Besetzung beim 9.
Konzert mit den Naumburger
Harmonisten in Naumburg
und wirkte in einer Festveranstaltung im Großen Volkshaussaal
in Jena mit. Seit
dem Jahr 1978 gab es für das Akkordeonorchester
Carl Zeiss JENA keine
Klinikseinsätze mehr. Diese waren in der Vergangenheit meist mit
Quintettbesetzung bestritten worden und ergaben für die
Mitspieler einen kleinen Erlös. Man muss wohl eher von einer
Aufwandsentschädigung sprechen, aber selbst dieser kleine Betrag
war von den Kliniken nicht mehr aufzubringen. So verschwand eine über
20 Jahre währende Tradition aus den Auftrittskalendern. Abschließend
sei aus den 70er Jahren noch ein großes Estradenprogramm
hervorgehoben, welches zum 30. Jahrestag der DDR im Großen
Volkshaussaal insgesamt dreimal über die Bühne ging, und
bei dem auch das Akkordeonorchester mit einigen musikalischen
Beiträgen beteiligt war. Außerdem fand zum gleichen Anlass
an gleicher Stelle noch ein Nachmittagsprogramm gemeinsam mit der
Lautengilde
und dem Tanzorchester
Kristall statt. Nichts,
aber auch gar nichts, deutete zu diesem Zeitpunkt darauf hin, dass
das folgende Jahrzehnt zum unwiderruflich letzten des herrschenden
Systems werden würde. Mitglieder
des Akkordeonorchesters Carl Zeiss JENA waren in den 70er Jahren: Karin
Bartel geb. Stern, Angela Beer, Marlies Braune, Anneliese Enke,
Bettina Escher, Angelika Genger, Erika Gerlach, Heide Haase geb.
Bogdanski*, Carmen Heinz, Elvira Hüther, Annelies Jakisch geb.
Gärtner, Angelika Jäger, Iris Jänich, Susanne
Kaufmann, Ines Kästner, Gisela König, Michaela Klotz,
Dorette Kotzsch, Liane Lieder*, Ingrid Luthardt, Marianne Majewski,
Ingrid Märtin, Helgard Melzer, Heike Michael, Andrea Münster,
Roswitha Peters geb. Gossel, Ilona Pissarek, Marianne Schneider,
Karin Sorge, Elke Staps, Rosemarie Tröster, Antje Tschirschwitz,
Renate Veit geb. Kaulfuß*, Manuela Vetter geb. Neumeister,
Hella Weise, Ursula Welker geb. Krenze, Andrea Woschni Jörg
Bräutigam, Frank Fischer*, Roland Flegel, Reinhard Grün,
Gisbert Göbel*, Conrad Haase*, Peter Hahn, Andreas Haupt*,
Dieter Kell, Franz Kotscha, Michael Kunze, Peter Lobenstein, Helmut
Prüger, Hans-Jörg Raguschke*, Konrad Reinhard, Hermann
Reinsch, Bernd Runge, Harald Schreiber, Konrad Veit*
Die 80er Jahre – Kürzungen
Die 80er Jahre können getrost
als ein mehr stiller und unspektakulärer Abschnitt in der
Geschichte des Akkordeonorchesters
des VEB Carl Zeiss JENA
bezeichnet werden. Und das steht natürlich in Beziehung zu der
in dieser Zeit herrschenden gesellschaftlichen Lethargie, die im
genannten Jahrzehnt nicht
unbeträchtlich am Zerfall des sozialistischen Systems beteiligt
war.
Die ökonomische Politik der
letzten Reserven, das Unterbleiben jeglicher Investitionen, auch der
wichtigen oder zumindest nötigen, zeigte langsam seine
Auswirkungen. Auch Kombinate wie Carl Zeiss Jena mussten die Mittel
für die kulturelle Breitenarbeit empfindlich kürzen. Das
Orchester bekam das immer mehr zu spüren, denn die finanziellen
Mittel durch den Trägerbetrieb flossen spärlicher. An
größere Projekte zu denken, verbot sich dadurch von
selbst, aber auch das wichtige Erwerben von neuem Notenmaterial und
vor allem die notwendigen Überholungen des Instrumentariums
wurden nicht mehr in dem Umfang genehmigt wie gewohnt.
War es in den beiden vorigen
Jahrzehnten möglich, in gewissen Abständen
Wochenendschulungen für sonst nicht realisierbare intensive
Probenarbeit in betriebseigenen Ferieneinrichtungen durchzuführen,
wurden jetzt diesbezügliche Anträge stets abgelehnt. Da das
Zeiss-Kombinat einen großen Teil seiner auswärtigen
Unterkünfte abgestoßen hatte, benötigte man die übrig
gebliebenen für wichtigere Sachen als ein Probenwochenende einer
Kulturgruppe. Privat zu diesem Zweck etwas anzumieten und eventuell
durch Konzerteinkünfte zu amortisieren, war unter den
gesellschaftlichen Bedingungen einfach nicht möglich. Und
ehrlich gesagt verschwendete damals niemand im Orchester auch nur
einen einzigen Gedanken an so eine Möglichkeit. Das neue
Jahrzehnt war deshalb vor allem vom Durchhaltewillen der Mitglieder
geprägt.
Künstlerisch trat man
gewissermaßen mehr oder weniger auf der Stelle. Es wurde an die
gute Tradition der Experimente mit geeigneten Zusatzinstrumenten
angeknüpft. Der damalige Leiter des Arbeitersinfonieorchesters
Carl Zeiss, MD Erich Kley, komponierte für das Orchester
ein klassisches Hornkonzert, und der Jenaer Hauskomponist und
Musiklehrer Heinrich Funk arrangierte Volksliedmelodien für ein
gemischtes Akkordeon- und Zupforchester. Conrad Haase legte die
Bearbeitung des Madrigals „Мoro lasso al mio duolo“
von C. Gesualdo da Venosa aus dem 17. Jahrhundert vor, wodurch das
Orchester erstmalig mit Musik der Vorklassik in Berührung kam,
und er arrangierte Helmuth Herolds Beguine „Вlower's
Melody“ für Soloakkordeon, Akkordeonorchester,
Streichquartett, E-Orgel und Schlagzeug.
Der nicht nur in Akkordeon-Kreisen
bekannte Komponist Hans Boll konnte für ein Auftragswerk
gewonnen werden. Er schrieb für das Orchester die zweisätzige
„Heitere Musik“ für Akkordeonorchester, E-Orgel,
Schlagwerk und Streichquartett ad libitum. Hans Boll war auch
persönlich nach Jena gekommen, um den Fortgang der Proben zu
beobachten.
Ein weiterer renommierter Komponist
der DDR-Akkordeonszene, der leider schon früh verstorbene
Leipziger Akkordeonlehrer Helmuth Reinbothe, überließ dem
Orchester sein „Divertimento in 5 Sätzen“ für
Akkordeonorchester, 4 Holzbläser und Schlagzeug, in welchem er
kunstvoll fünf verschiedene Tanzrhythmen verarbeitet hatte. Eine
öffentliche Aufführung des Werkes scheiterte jedoch an der
Schwierigkeit, die vier Holzbläser für einen Auftritt
zusammen zu bekommen.
Es herrschte also in den 80er Jahren
trotz reduzierter Mittel keinesfalls ein Mangel an interessanter
neuer Literatur und zum 30. Orchesterjubiläum im April 1985
konnten zumindest zwei Sätze des erwähnten Hornkonzertes
dem Publikum dargeboten werden.
Weitere größere Auftritte
fanden im Jenaer Stadttheater, im Haus der Offiziere der sowjetischen
Garnison Jena, in Gera, Stadtroda und Camburg statt. Das
spektakulärste Konzert wurde jedoch im Jenaer Filmtheater
Capitol veranstaltet. Hier war eine komplette Bigband mit von der
Partie.
In die 80er Jahre fallen auch zwei
weitere Teilnahmen am Zentralen
Leistungsvergleich gemischter Instrumentalbesetzungen
in Klingenthal, wobei sowohl 1981 als auch 1985 ein für das
Orchester durchaus zufrieden stellendes gutes Ergebnis erzielt wurde.
An dieser Stelle müssen
unbedingt ein paar grundsätzliche Worte über Sinn und Zweck
von Akkordeonorchesterwettbewerben verloren werden. Wettbewerbe üben
einen großen Reiz auf ein Orchester und natürlich auch
seinen Leiter aus, denn das erzielte Ergebnis wird von den
Teilnehmern als kompetente Leistungseinschätzung gewertet. Aber
gerade daraus ergab sich eine unangenehme Diskrepanz zwischen dem
eigenen Wollen und dem reglementierten Dürfen. Um ernsthaft in
den Wettbewerb eingreifen zu können, hätte man bestimmte
Pflichtstücke erarbeiten müssen, mit denen vor einem
normalen Publikum kein Blumentopf zu gewinnen war. Und dazu hatten
die Spieler weder genügend Zeit noch Lust. Somit lief das
Orchester bei diesen Veranstaltungen immer mehr oder weniger außer
Konkurrenz.
Was aber endgültig dazu führte,
in der Zukunft auf die aktive Teilnahme an Wettbewerben zu
verzichten, war die Tatsache, dass die dargebotenen Programme die
Juroren zwar nicht überzeugen konnten, das Orchester aber in der
Publikumsgunst immer ganz oben stand.
Im Dezember 1986 bekam das Orchester
im Ergebnis seiner Leistungen von der Stadt Jena die für
verdienstvolle Laienkunstgruppen vorbehaltene Medaille
Ausgezeichnetes
Volkskunstkollektiv
verliehen.
Mitglieder des Akkordeonorchesters
Carl Zeiss JENA waren in den 80er Jahren:
Ines Amberg, Andrea Brömel geb.
Münster, Anneliese Enke, Liane Gaube geb. Lieder*, Angelika
Genger, Heide Haase*, Beate Heinze, Steffi Hirt, Lioba Hornemann,
Annelies Jakisch, Sabine Kaubitzsch, Susanne Kaufmann, Dorette
Kotzsch, Ingrid Luthardt, Ingrid Märtin, Marianne Majewski,
Bärbel Pöch geb. Seiler, Ulrike Schmid*, Marion Sourisseaux
geb. Zenner, Silke Tänzer, Antje Tschirschwitz, Renate Veit*,
Reinhilde Weinreich*, Andrea Woschni
Frank Fischer*, Gisbert Göbel*,
Conrad Haase*, Andreas Haupt*, Karsten Heimrich, Yves Heinze, Franz
Kotscha, Peter Lobenstein, Horst Mehlhorn, Eric Posse, Helmut Prüger,
Hans-Jörg Raguschke*, Hermann Reinsch, Harald Schreiber,
Matthias Seifert, Bernd Stackfleth
Die 90er Jahre - Wende
Die
90er Jahre mit ihren dramatischen Umwälzungen auf ökonomischem
Gebiet waren eine große Herausforderung für die gesamte
Laienkunstszene in der ehemaligen DDR. Die Trägerbetriebe
mussten sich von allem unrentablen Ballast befreien und sorgten
dadurch zwangsläufig erst einmal für ein großes
Kulturgruppensterben. Dass das Akkordeonorchester
Carl Zeiss JENA diesem
Schicksal entging, verdankte es dem Optimismus und dem
Durchhaltevermögen seines Leiters Hermann Reinsch ebenso wie dem
glücklichen Umstand, dass die nunmehrige Carl Zeiss GmbH im
Seitenflügel des Volkshauses, der als Kulturhaus ausgewiesen
war, dem Orchester weiterhin einen Proben- und Instrumentenraum
kostenlos zur Verfügung stellte. Es musste allerdings innerhalb
des Hauses ein zweites Mal umgezogen werden. Wenn man von diesem
Umstand absah, ging der Übergang in die neue Zeit erst einmal
reibungslos vonstatten. Der
erste große Auftritt des neuen Jahrzehnts war ein gemeinsames
Konzert mit dem Orchester
des TUS Huchting aus
Bremen 1990 im Großen Saal des Volkshauses in Jena. Zu dieser
Zeit stand dieser wunderbare Saal den verbliebenen Kulturgruppen noch
kostenlos zur Verfügung, aber auch das sollte sich bald
grundlegend ändern. Das Jenaer Orchester erwiderte 1991 diesen
Besuch und empfing die Bremer im Folgejahr noch ein zweites Mal in
Jena, diesmal allerdings in der Aula des Anger-Gymnasiums. Danach
konnten die Konzertkontakte wegen der zu großen Entfernung und
somit vor allem aus finanziellen Gründen nicht weiterverfolgt
werden. In
das erste Jahr des neuen Jahrzehnts fiel auch der Beitritt des
Vereins zum Deutschen Harmonika-Verband e.V. mit Sitz in Trossingen,
der rund 3600 Orchester und Ensembles in sich vereinigt. Von der
Mitgliedschaft in diesem Dachverband versprach sich der künstlerische
Leiter vor allem Anregung und Unterstützung in der immer
schwieriger werdenden Arbeit für die Laienkunst. Künstlerisch
waren die 90er Jahre ein Vorstoß in neue musikalische
Dimensionen. Die Reisefreiheit eröffnete die Möglichkeit,
auch in den alten Bundesländern aufzutreten und andere Orchester
zu hören. Dieses gegenseitige Kennenlernen war sehr wichtig für
die eigene Standortbestimmung, die objektive Einschätzung der
eigenen Leistung. Austauschkonzerte führten nach Hameln und, wie
schon gesagt, nach Bremen, und der künstlerische Leiter Hermann
Reinsch war des Öfteren in Hof und Schwabach als Hörer zu
Gast. Das
alles führte zu interessanten Eindrücken und in der Folge
zu vielen neuen Ideen, die durch die Möglichkeit des Zugriffs
auf die gesamtdeutsche und internationale Orchesterliteratur noch
zusätzlich unterstützt wurden. Das Repertoire erweiterte
sich um viele neue und immer wieder gern gespielte Stücke, und
die Konzertpraxis veränderte sich langsam aber stetig hin zu
einer neuen Form. Sicher wurden auch jetzt noch bunte Estraden zu
Stadtfesten und Kurkonzerten mit dem gängigen Material gespielt,
aber die Entwicklung führte eindeutig hin zu der auch in den
alten Bundesländern gepflegten Tradition der Organisation von
Jahreskonzerten. Bisher
waren solch große Veranstaltungen, die einem Jahreskonzert
entsprachen, nur zu Jubiläen oder ähnlich wichtigen
Anlässen realisiert worden und dann natürlich unter
Einbeziehung von Partnern. Jetzt aber ging es darum, ein
Konzertprogramm von 60 - 70 Minuten neu einzustudieren und dann
allein aufzuführen, eine Arbeit, die alles davor Geleistete in
Quantität und Qualität bei weitem übertraf. Da
die Bindung an den Trägerbetrieb Carl Zeiss zu diesem Zeitpunkt
de facto nicht mehr existierte, beschloss das Orchester 1993, die
Eintragung als gemeinnütziger Verein zu beantragen. Mit der
Unternehmensleitung wurde aber vereinbart, den über Jahrzehnte
getragenen Zusatz Carl Zeiss JENA im Vereinsnamen beizubehalten. Im
gleichen Jahr musste das Orchester sein Domizil im Volkshaus, wo es
seit 1964 immerhin fast dreißig Jahre beheimatet war, aufgeben
und sich nach einem neuen Proben- und Instrumentenraum umsehen. Die
Firma Zeiss überließ dem Verein dankenswerterweise
kostenlos das gesamte umfangreiche Instrumentarium und Mobiliar. So
konnte alles in die neuen Räume des von der Stadt genutzten
Altbaus in der Jahnstraße mitgenommen werden. Nach
der zwangsläufigen Aufgabe der Austauschkonzerte mit den Bremer
Akkordeonisten vom
TUS Huchting sah sich das
frischgekürte Akkordeonorchester
Carl Zeiss JENA e.V.
intensiv nach möglichen Partnern in der näheren Umgebung
um. Es stellte sich heraus, dass in Thüringen noch zwei
vergleichbare Orchester existierten: das 1.
Altenburger Akkordeonorchester 1952 e.V.
unter der Leitung von Manfred Gärtner und das Erfurter
Elektroniumorchester
unter der Leitung von Edith Heyn. Schon 1994 wurden beide Orchester
zu einem ersten gemeinsamen Konzert nach Jena eingeladen, welches
allgemein so gefiel, dass in den Vorständen beschlossen wurde,
jährlich reihum in den drei Städten gleiche Veranstaltungen
zu organisieren. Ein Beschluss, der sich in der Folgezeit für
alle drei Orchester als ein Schritt in eine neue Dimension erweisen
sollte. Aber das konnte damals wirklich niemand ahnen; es wird noch
darüber zu berichten sein. Im
Frühjahr des folgenden Jahres beging das Akkordeonorchester
Carl Zeiss JENA e.V. mit
einem großen Festkonzert in der Aula der Universität
würdig sein 40jähriges Bestehen. Fünf solistische
Zusatzinstrumente lockerten das Programm geschickt auf. Waldhorn,
Trompete, Zither, Xylophon und Soloakkordeon wurden einfühlsam
vom Orchester begleitet. Und endlich konnte die nicht geringe
künstlerische Qualität der Darbietungen auch von den
Spielern des Vereins selbst überprüft werden, denn aus
Anlass des Jubiläums wurde das Konzert technisch hochwertig
mitgeschnitten. Es entstand das erste gültige Tondokument des
Orchesters überhaupt. In Vorbereitung des Festkonzertes wurde
auch an die schöne Tradition der Wochenendschulungen der 60er
und 70er Jahre angeknüpft. Drei Tage voller Proben und
gemeinsamer Geselligkeit in Bucha an der Hohenwarte Talsperre gaben
den Spielern wie in alten Tagen wieder den „letzten Schliff“. Nach
der Sommerpause des gleichen Jahres erfolgte ein Wechsel in der
künstlerischen Leitung des Vereins. Der seit 1958 die Geschicke
des Orchesters leitende Hermann Reinsch übergab den
Dirigentenstab aus Altersgründen seinem langjährigen
Mitstreiter Conrad Haase. Er selbst übernahm fortan die Funktion
des 1. Vorsitzenden des Vereins. Durch
intensive und geduldige Probenarbeit gelang es Conrad Haase, den
Leistungsstand des Orchesters in verhältnismäßig
kurzer Zeit zu erhöhen. Den Musikern konnten langsam immer
schwierigere Werke vorgelegt werden, was das Publikum nicht zuletzt
mit stetig steigenden Besucherzahlen honorierte. 1996
fand in der Aula der Universität das erste richtige
Jahreskonzert des Akkordeonorchesters
Carl Zeiss JENA e.V.
statt. Auf Gäste wurde konsequent verzichtet, Solisten des
Abends waren Akkordeonistinnen aus dem Orchester selbst. Die
Konzertmeisterin Simone Möller spielte eine vielbeachtete
Interpretation des „Konzert a-Moll“ für
Soloakkordeon und Akkordeonorchester von Curt Mahr und Jana Leitel
den Solopart in dem für die gleiche Besetzung arrangierten
Beguine „Blower’s Melody“ von Helmuth Herold. Auch
von diesem Konzert existiert ein technisch einwandfreier Mitschnitt.
Es wurde in der Folgezeit zu einer für alle Mitglieder
angenehmen Begleiterscheinung, dass die wichtigen Konzerte des
Orchesters auf Tonträger zur Verfügung standen. Zusätzlich
zu den regelmäßigen Jahreskonzerten wurden bis zum Ende
des Jahrzehnts insgesamt sechs jährliche Gemeinschaftskonzerte
mit den Orchestern aus Altenburg und Erfurt veranstaltet. Dabei
erhöhte sich die Zahl der gemeinsam gespielten Stücke von
anfangs einem Schlusstitel schließlich auf einen vollständigen
Programmblock. Aber auch das war noch steigerungsfähig, wie die
Zukunft zeigen wird. 1998
musste der Verein abermals das Domizil wechseln. Das Haus in der
Jahnstraße wurde von der Stadt aufgegeben und musste für
den künftigen Besitzer geräumt werden. Mehrere Objekte
standen damals zur Auswahl, am lukrativsten stellte sich das
umgebaute Stadtteilzentrum „LISA“ in Lobeda-West heraus.
Dessen Saal konnte als Probenraum genutzt werden, und auch das
umfangreiche Instrumentarium fand den nötigen Lagerplatz. Unter
den zahlreichen Kur- und anderen Konzerten der 90er Jahre darf eines
nicht unerwähnt bleiben. Es fand 1999 in der Kirche zu Kunitz
statt und sollte richtungsweisend für die künftige
künstlerische Entwicklung des Vereins werden. Im Folgenden wird
davon noch zu berichten sein. Mitglieder
des Akkordeonorchesters Carl Zeiss JENA waren in den 90er Jahren: Christa
Berndt, Gabi Blum, Claudia Bock, Antje Clasen, Anneliese Enke, Andrea
Erbsmehl, Alexa Fehrenbacher, Anne Frommhold, Liane Gaube*, Angelika
Genger, Katja Güttich*, Heide Haase*, Beate Heinze, Lioba
Hornemann, Annelies Jakisch, Jana Leitel, Katrin Leitgebel, Hannelore
Meerstein, Simone Möller*, Susanne Roos, Marion Sourisseaux,
Ulrike Thier geb. Schmid*, Renate Veit*, Anita Vollmer, Reinhilde
Weinreich*, Ingrid Weiß geb. Luthardt Frank
Fischer*, Gisbert Göbel*, Conrad Haase*, Andreas Haupt*, Holger
Hüsken, Peter Lobenstein, Harry Ludwig, Horst Mehlhorn, Helmut
Prüger, Hans-Jörg Raguschke*, Hermann Reinsch, Jan Vollmer,
Manfred Weber
Die Jahre 2000 - 2009 - Alles neu
Die
allgemeine gesellschaftliche Euphorie vom Anfang der letzten Dekade
war der täglichen nicht unkomplizierten Realität gewichen.
Der Aufschwung der Wirtschaft in den neuen Bundesländern wurde
von Entlassungen in nie gekanntem Ausmaß begleitet. Ab Mitte
der 90er Jahre konnte dies auch nicht mehr durch Vorruhestand und
ähnlich großzügige Regelungen abgefedert werden, die
Arbeitslosenquote stieg auf eine selbst von Pessimisten nicht
angenommene Höhe. Der daraus resultierende Sparzwang in Bund,
Ländern und Gemeinden wirkte sich vor allem auch auf den
kulturellen Sektor aus. Der
Verein bekam das empfindlich zu spüren, denn die Mieten für
Konzertsäle und Probenräume schossen regelrecht in die
Höhe. Der kleine Bonus für Gemeinnützigkeit half da
nicht viel. Bei der Projektplanung rückte die Finanzierbarkeit
immer mehr in den Vordergrund, künstlerische Belange mussten
sich dem unterordnen. Trotz
alledem konnte aber gerade in dieser Dekade das künstlerische
Niveau des Orchesters noch einmal beträchtlich gesteigert
werden. Dies hatte seine Ursache sowohl im nicht zu unterschätzenden
großen Enthusiasmus und Engagement aller Mitspieler für
ihren Verein als auch in der Ausweitung der Konzertaktivitäten
auf ein neues Gebiet durch den Vorstand. Denn nachdem die 90er Jahre
die Hinwendung zur Erarbeitung eines
künstlerisch hochwertigen Programms pro Jahr gebracht hatten,
ging die Entwicklung im neuen Jahrzehnt noch einen großen
Schritt weiter. Zusätzlich zu diesem Programm für ein
Jahreskonzert kam die Erarbeitung von Literatur zur angemessenen
Ausgestaltung von Kirchenkonzerten, und das zog die Erweiterung des
Repertoires in Richtung barocker und anderer festlicher Musikwerke
nach sich. Das
neue Jahrhundert begann erst einmal mit einem Paukenschlag. Zum
Jahreskonzert im April 2000, anlässlich des 45jährigen
Bestehens des Vereins, erklang nach der Pause die Erstaufführung
von Prokofjews „Peter und der Wolf” in einer Fassung für
Sprecher und Akkordeonorchester, was das Publikum zu Beifallsstürmen
hinriss. Weniger spektakulär, aber richtungsweisend für die
Zukunft, stellte sich im ersten Teil die Uraufführung von
Christine Bolls „Partita piccola” in einer neuen Fassung
von Conrad Haase heraus. Diese
Umarbeitung war im Ergebnis des im vorigen Abschnitt erwähnten
Kirchenkonzertes in Kunitz 1999 entstanden. In Vorbereitung des
ersten Kirchenkonzertes des Vereins stellte sich nämlich heraus,
dass Literatur für eine würdige Programmgestaltung noch
sehr selten war. Bearbeitungen alter Meister gab es eine ganze Reihe
auf dem Markt, es handelte sich dabei aber in der Regel um
herausgepickte Einzelsätze mit gewissem Bekanntheitsgrad in gut
verdaulichem „modernen Sound” und war für seriöse
kirchliche Auftritte absolut nicht brauchbar. So wurde in alten Noten
gesucht, um etwas einigermaßen Geeignetes zu finden. Dabei
stieß der künstlerische Leiter auf Christine Bolls
Barock-Swing-Studie aus dem Jahre 1967, deren erste beiden Sätze
schon öfter auf dem Programm des Orchesters standen. Den
schwierigeren dritten Satz hatte man in der Vergangenheit immer
weggelassen. Die
teils radikale Umarbeitung des Werkes, besonders im dritten Satz, wie
Einführung eines durchgängigen vierstimmigen Satzes mit
Basso continuo (Cembalo oder Synthesizer), Ergänzung durch eine
Fugeneröffnung und konsequente Streichung des anachronistischen
Schlagzeugs ließ ein kleines neobarockes Kleinod entstehen,
welches keinesfalls nur in der Kirche gespielt werden sollte. Für
die Uraufführung war das genannte Jubiläumskonzert genau
der richtige Rahmen. Wie
gut diese Entscheidung war, sollte sich schon bald zeigen, denn im
Juni des gleichen Jahres fand das zweite Kirchenkonzert in der Kirche
Göschwitz statt. In der Reihe „Geistliche Abendmusik”,
die von Kantor Manfred Röse betreut wurde, erklang auch die neue
Fassung der „Partita piccola” von Christine Boll und
begeisterte in der sehr guten Interpretation des Orchesters die
zahlreichen Zuhörer. Der satte, an die Orgel erinnernde Klang
überzeugte Manfred Röse, der sich in und um Jena auch als
Trompetenvirtuose einen guten Namen gemacht hatte, und er schlug vor,
mit ihm gemeinsam Musik aus seinem Solistenrepertoire aufzuführen.
Der Vorschlag wurde dankend aufgegriffen und in der Folge erschienen
auf den Probenplänen des Orchesters Werke so bekannter
Barockkomponisten wie Bach, Händel und Telemann. Schon im
Adventskonzert des gleichen Jahres in der Kirche Rothenstein erklang
zum ersten Mal die „Suite in D-Major“ von Georg Friedrich
Händel in einer Fassung für Trompete und
Akkordeonorchester. Neben
Manfred Röse muss in diesem Zusammenhang auch der Caput
Musikverlag Jena erwähnt werden. Er veranlasste die zahlreichen
Bearbeitungen und sorgte dafür, dass von den zyklischen Werken
nicht nur populäre Einzelsätze, sondern alles in originaler
Vollständigkeit gedruckt erschien. So entstanden speziell auf
das Orchester zugeschnittene stilgerechte Arrangements, die den
Zuhörer die vom Komponisten ursprünglich notierten
Instrumente schnell vergessen lassen. Schon
bis zum Jahr 2005 war die Zahl der Kirchenkonzerte des Vereins auf
insgesamt acht angewachsen. Allein in der Kirche Göschwitz
gastierte das Orchester bis dahin drei Mal mit unterschiedlichen
Programmen. Vereinsvorstand und Mitglieder waren gewillt, sich auch
weiterhin um Auftritte in Kirchen zu bemühen, um das zu anderen
Gelegenheiten nur schwer aufführbare neue Repertoire zu pflegen
und auszubauen. Das Orchester hatte bei dessen Einstudierung
unzweifelhaft enorm viel gelernt. Vor allem das Erlangen von
stilistischer Sicherheit und eine spürbare spieltechnische
Vervollkommnung müssen dabei genannt werden. Das kam der
weiteren Arbeit auch an Werken anderer Epochen zugute. Die
jährlichen Gemeinschaftskonzerte mit den Orchestern aus
Altenburg und Erfurt erfuhren nach dem 7. Konzert im November 2000 im
Jenaer F-Haus einen wichtigen inhaltlichen Wandel. Beginnend mit dem
8. Konzert 2001 schlossen sich die drei Orchester in regelmäßigen
Abständen zum Landesakkordeonorchester
Thüringen zusammen und
musizierten ein über einstündiges Programm vollständig
gemeinsam und in allen drei Städten. Ein Kraftaufwand, den die
Orchester gern auf sich nahmen, waren sie doch dadurch in der Lage,
ihrem Publikum anspruchsvollere Literatur auch in Bezug auf die Größe
der Besetzung zu präsentieren. Bis
zum Jahr 2004 wurden insgesamt drei solcher Veranstaltungen
organisiert und fanden ein begeistertes Publikum. Allein die
Probenwochenenden davor im Hotel „Bergfried” bei Saalfeld
waren für alle ein wunderbares Erlebnis, zumal sich die
Wirtsleute als begeisterte Anhänger der Musik für
Akkordeonorchester erwiesen. Die
Programme der ersten beiden Konzerte 2001 und 2003 wurden aus
Vorschlägen der drei Orchester erstellt. Auf diese Art lernten
alle Mitspieler auch einen Teil des Repertoires der anderen Orchester
richtig kennen. Beim dritten Konzert im Dezember 2004 handelte es
sich um ein weihnachtliches Programm, das zum größten Teil
aus barocken Kompositionen aus dem Repertoire des Akkordeonorchesters
Carl Zeiss JENA e.V.
bestand. Zwei Bläser, Anette und Karsten Tupaika, setzten
solistische Akzente in Werken von Albinoni bis Telemann. Hinzu kamen
Weihnachtslieder, die in jeder Stadt ein anderer Chor zur
Orchesterbegleitung sang. In der vollbesetzten Jenaer Stadtkirche
Sankt Michael war es der Volkschor
Lobeda 1847 e.V. mit seinem
Leiter Raphael Michaelis, der uns tatkräftig unterstützte.
Alle drei Konzerte wurden in Jena mitgeschnitten und beim Label Caput
veröffentlicht. Neben
den über zehn Kurkonzerten und weiteren Aktivitäten des
Jahrzehnts, muss unbedingt auf ein Austauschkonzert mit einem
befreundeten Orchester aus München eingegangen werden, ergab
sich doch aus dieser Zusammenarbeit eine wichtige Erweiterung des
Repertoires in eine neue Richtung. Das
Jahreskonzert 2002, wieder einmal in der Aula der Universität,
wurde gemeinsam mit dem Akkordeonorchester
Mückenberger-Quintenz II
bestritten. In diesem Orchester musizierten mittlerweile drei
ehemalige Mitglieder des Jenaer Vereins, weil sie auf der
Arbeitssuche nach ihrem Studium nach München verschlagen worden
waren. Über sie war der Kontakt zustande gekommen. Im Mai 2004
erwiderte das Orchester den Besuch und gastierte im Frühjahrskonzert
des Münchner Vereins. Da
auch in diesen Konzerten nicht nur zwei Orchester gegenübergestellt
werden sollten, war man sich einig, in einem extra Programmabschnitt
unbedingt gemeinsam zu musizieren. Die Münchner schlugen die
drei Bigband-Titel „C’est si bon“, „Chattanooga
Choo Choo“ und „Sweet Georgia Brown“ vor und
rannten damit mehr oder weniger offene Türen ein. Schon in der
Vergangenheit hatte sich das Orchester immer wieder einmal mit Swing
und seiner Stilistik auseinandergesetzt. Titel wie „American
Patrol“ oder „Jumpin’ At The Woodside“
kannten die Zuhörer schon aus früheren Programmen. Aber
nach diesen beiden Konzerten äußerten viele Mitglieder den
Wunsch, einmal ein ganzes Programm mit Bigband-Nummern zu bestreiten.
Und dieser Wunsch erfüllte sich im 2005 stattfindenden
Jubiläumskonzert. Anlässlich
des 50jährigen Bestehens des Akkordeonorchesters
Carl Zeiss JENA e.V. wurde
ein bis dahin nicht vorstellbares Programm einstudiert. Im ersten
Teil erklangen neben von einem Akkordeonorchester selten zu hörenden
Werken des musikalischen Erbes von Tommaso Albinoni bis Tom Waits
allein drei Originalkompositionen. Unter anderem brillierte Werner
Osten als Gast vom Orchester begleitet mit einer perfekten
Interpretation von Rudolf Würthners „La Campanella“.
Im zweiten Teil wurde dann an die Hits von Glenn Miller, Count Basie
und Henry Mancini erinnert. Gemeinsam mit Freunden und lieben Gästen
kamen von „In The Mood“ bis zur „Moonlight
Serenade“ die Bigband-Highlights der großen Swing-Ära
zur Aufführung. Das Publikum wurde förmlich von den Sitzen
gerissen. Neben
Zusatzspielern aus Altenburg und Erfurt hatte sich der Verein mit
Joachim Hesse (Trompete), Vladimir Miller (Klarinette, Saxophon) und
Sascha Mock (Drums) Gäste eingeladen, die den Ausflug in die
Welt des Swing stilsicher und mit erlesenen Improvisationen
unterstützten. Auch dieses Konzert wurde für das Label
Caput hochwertig mitgeschnitten und ist beim Verein käuflich zu
erwerben. Die
vor größeren Konzertvorhaben so wichtigen
Probenwochenenden fanden ab 2005 im „Landhotel Edelhof“
in Kolkwitz statt. Die Bedingungen stellten sich dort als noch
vorteilhafter als im Hotel „Bergfried“ heraus. In
Kolkwitz stand immer ein Saal zur Verfügung, der sowohl von der
Größe her, als auch akustisch für die nahezu 50
Akkordeons, die Zusatzinstrumente und das umfangreiche Schlagzeug
ideal war. Und
ebenfalls 2005 wurde die schöne Tradition begründet, am
ersten Advent des Jahres im LISA, dem Probendomizil des Vereins, ein
weihnachtliches Konzert zu geben. In den ersten drei Jahren geschah
das zusammen mit dem Volkschor
Lobeda 1847 e.V. und seit
2008 jährlich im Wechsel mit den Sängerinnen und Sängern,
was sich planungstechnisch einfach als günstiger erwies. In
die zweite Hälfte des Jahrzehnts fielen neben kleineren
Auftritten unter anderem zu Orts- und Betriebsfesten und
Jubelkonfirmationen noch zwei große Projekte. Zum einen eine
Zusammenarbeit mit dem Volkschor
Lobeda 1847 e.V. anlässlich
dessen 160. Geburtstages, zum anderen ein gemeinsames
Frühlingskonzert mit den Münchner
Zieharmonikern in der Aula
der Universität am 24.05.2008 mit anschließendem
geselligen Beisammensein in Kunitz. Das
Festkonzert am 23.06.2007 mit dem Volkschor
Lobeda 1847 e.V. verdient
deshalb etwas mehr Aufmerksamkeit, weil in dessen Vorbereitung eine
CD aller Konzertstücke produziert wurde, die sowohl die
Kompositionen mit Chor und Orchester als auch zwei reine
Orchesterwerke beinhaltete. Diese CD war im Gegensatz zu früheren
Veröffentlichungen kein einfacher Konzertmitschnitt, sondern das
Ergebnis einer für alle Beteiligten anstrengenden Studioarbeit.
Besonders die Interpretationen der Mozart-Kantate „Dir, Seele
des Weltalls“ und des Strauß-Walzers „An der
schönen blauen Donau“ in der Fassung für Chor und
Orchester setzten dabei neue Maßstäbe in der
künstlerischen Arbeit. Eine
Steigerung dieser sehr schönen Produktion erfuhren die
Mitglieder des Orchesters zwei Jahre später am 30.08.2009 im
Kirchenkonzert mit einem Projektchor in Herschdorf, in dem neben der
oben genannten Mozart-Kantate noch Bachs „Jesus bleibet meine
Freude“ und Mozarts „Ave verum corpus“ erklangen.
Der Rest des Programms wurde gemeinsam mit dem Solo-Trompeter der
Jenaer Philharmonie Steffen Naumann mit Barockstücken aus
früheren Kirchenkonzerten bestritten. Die
Zusammenarbeit der drei Thüringer Akkordeonorchester sollte sich
im zweiten Teil des Jahrzehnts doch erheblich wandeln. Nach einem
gemeinsamen Auftritt anlässlich der Verleihung der
Zeltermedaille und Pro musica-Plakette 2006 im Eisenacher Theater
wurde einhellig beschlossen, im folgenden Jahr ein nächstes
gemeinsames Programm zu erarbeiten. Allerdings sah sich das Erfurter
Orchester außer Stande, Publikum für ein entsprechendes
Konzert in der Landeshauptstadt zu organisieren. Es gab also 2007 nur
noch zwei Konzerte des Landesakkordeonorchesters
Thüringen in Altenburg
und Jena. Nach
unschönen Auseinandersetzungen, die Führung der gemeinsamen
Konzerte betreffend, entschied sich der Leiter des Erfurter
Akkordeonorchesters Robert Flache
Harald Benkert, in Zukunft für die Einstudierung des
zusätzlichen Programms nicht mehr zur Verfügung stehen zu
wollen. Allerdings verbot er seinen Spielern nicht, daran
teilzunehmen, wenn sie die Erarbeitung der Stücke anderweitig
bewerkstelligen konnten. So kamen seitdem nur noch ein paar
engagierte Musiker aus Erfurt zu Proben nach Jena, wenn gemeinsame
Projekte anstanden. Das
hinderte die Übrigen jedoch nicht daran, weiterhin gemeinsam zu
musizieren. Das letzte gemeinsame Konzert des Jahrzehnts fand am
06.12.2008 in Altenburgs Brüderkirche und am 14.12.2008 im
Volkshaus Jena statt. Auf dem Programm des weihnachtlichen Konzertes
standen neben drei verschiedenen Schlittenfahrten (Leopold Mozart,
Richard Eilenburg und Leroy Anderson) auch die orientalische Szene
„Auf einem Persischen Markt“ und das Xylophon-Solo
„Palisander“. Publikum und Kritik zollten der gebotenen
Leistung gleichermaßen höchstes Lob. Die zehn
Weihnachtslieder des Konzertes in Jena sang diesmal der Singekreis
Ziegenhainer Tal , dessen
Leiter Thomas Julich auch durchs Programm führte. Von
diesem Konzert wurde ein Video-Mitschnitt mit drei verschiedenen
Kameras gemacht und aus dem Material eine DVD produziert, die auch
hohe Ansprüche erfüllt. Das gehört aber schon in den
nächsten Abschnitt. Beschlossen
wurde das Jahrzehnt mit einer kleinen Geburtstagsfeier für den
langjährigen Leiter des Orchesters. Hermann Reinsch war noch bis
2007 Vorsitzender des Vereins gewesen und bis in das Frühjahr
2009 hinein bei jeder Probe anwesend. Dann hatte ihn eine Krankheit
ans Heim gefesselt und der Kontakt zu ihm erfolgte nun über
Telefonate und sporadische Besuche der Spieler. Zur genannten
Geburtstagsfeier spielten einige Mitglieder ein flottes Ständchen,
und der Jubilar dankte allen herzlich für die übermittelten
Glückwünsche.
Mitglieder
des Akkordeonorchesters Carl
Zeiss JENA e.V. waren in
den Jahren 2000 bis 2009: Christa
Berndt, Ruth Bläser, Romy Bornemann, Andrea Brömel geb.
Münster, Antje Clasen, Susanne Clodius, Andrea Erbsmehl, Alexa
Fehrenbacher, Liane Gaube*, Susanne Ginglseder, Ina Götzelt,
Katja Güttich*, Heide Haase*, Katalin Hille, Annegret Hohlbein
geb. Schlosser*, Annelies Jakisch, Melanie Koch, Jana Leitel,
Elisabeth Ludolph, Heike Ludwig, Hannelore Meerstein, Simone Möller*,
Anke Nordt, Reinhilde Ommer geb. Weinreich*, Tatjana Ritter, Ulrike
Thier*, Renate Veit*, Claudia Wenk Dr.
Reiner Baron, Arnd Beier*, Frank Fischer*, Gisbert Göbel*,
Conrad Haase*, Andreas Haupt*, Manfred Möller, Hans-Jörg
Raguschke*, Hermann Reinsch, Dr. Bruno Salomon, Harald Seeberger,
Roberto Strauß, Jan Vollmer, Manfred Weber
Die Jahre 2010 - 2009 - Qualität begeistert
Nach
einem Jahrzehnt der Konsolidierung der Wirtschaft in den neuen
Bundesländern und der voranschreitenden gesellschaftlichen
Angleichung an die alten Bundesländer war kulturell allgemein
ein Stand erreicht worden, der es den übrig gebliebenen
Laienorchestern ermöglichte, einigermaßen gesichert in die
Zukunft zu blicken. Für den Verein hatte das vor allem bedeutet,
eine solide finanzielle Grundlage zu schaffen. Bisher konnte
lediglich mit den Vereinsbeiträgen und den mageren
Konzerteinnahmen gerechnet werden. Deshalb mussten die finanziellen
Mittel sowohl mit zu beantragenden öffentlichen Geldern als auch
durch modernes Sponsoring insoweit aufgebessert werden, dass auch in
der Zukunft anspruchsvolle künstlerische Projekte angegangen
werden konnten. Das
neue Jahrzehnt begann mit der intensiven Arbeit am Programm für
die beiden Gemeindefeste in Thalbürgel und Wenigenjena, zu denen
das Orchester eingeladen worden war. Zusätzlich stand im Herbst
ein Konzert in der Kulturkirche
Isseroda an und außerdem
ein großes Weihnachtskonzert am 4. Advent gemeinsam mit dem
Orchester aus Altenburg und dem Singekreis
Ziegenhainer Tal. Drei
nicht nur thematisch völlig unterschiedliche Programme mussten
einstudiert werden, und natürlich sollte jedes der drei für
die Zuhörer etwas Neues bereithalten. Zum
Frühlingsanfang 2010 verließ der langjährige
künstlerische Leiter und Vereinsvorsitzende Hermann Reinsch das
Orchester für immer. Zur Trauerfeier erklangen zwei Stücke,
die vom Orchester extra für ihn aufgenommen worden waren. Mit
seinem Hinscheiden ging ein wichtiger Abschnitt der Geschichte des
Orchesters endgültig zu Ende. Zusätzlich
zu den oben beschriebenen Aktivitäten spielte das Orchester im
gleichen Jahr zum zweiten Mal zur Jubelkonfirmation in Herschdorf. In
Wirklichkeit war es natürlich schon öfter gewesen, aber
erst seit 2009 war an diesem Auftritt das gesamte Orchester
beteiligt. In den Jahren davor hatte sich immer ein Doppelquintett um
den ehemaligen Leiter Hermann Reinsch gefunden, um die Herschdorfer
an ihrem Ehrentag niveauvoll zu unterhalten. Im
folgenden Jahr war das Akkordeonorchester erstmalig zu einem Konzert
in die Kirche Sankt Margarethen in Kahla eingeladen. Gemeinsam mit
dem Solotrompeter der Jenaer Philharmonie Steffen Naumann wurde ein
klassisches Konzert geboten, das bei den Besuchern hörbar ankam.
„Deux Arbesques“ von Claude Debussy und die „Suite
in D-Major“ von Georg Friedrich Händel waren die
Hohepunkte des sehr erfolgreichen Abends. Anfang
2012 wurde vom Verein der erfolgreiche Versuch unternommen, in
Oberhain im Thüringer Wald, der Gemeinde von Pfarrer Frank
Fischer, einem langjährigen Mitglied des Orchesters, beim Aufbau
einer Akkordeongruppe tatkräftige Hilfe zu leisten. Hierzu
reiste ein Teil der Spieler über ein Wochenende an, um mit
Akkordeonenthusiasten aus dem Umfeld in mehreren gemeinsamen Proben
und einer abschließenden öffentlichen Vorstellung des
dadurch Erreichten für den neuen Klangkörper zu werben und
dem Akkordeonspiel neue Freunde zu gewinnen. Im
gleichen Jahr unterstützte das gesamte Orchester die Freunde aus
Altenburg bei ihrem Jubiläumskonzert im Theater Altenburg
anlässlich des 60. Geburtstages ihres Vereins. Den gesamten
zweiten Teil des Programms musizierten beide Orchester gemeinsam.
Dadurch war es den Altenburgern möglich, ihrem Publikum Stücke
zu präsentieren, die zur Aufführung unbedingt ein größeres
Tonvolumen benötigen, wie beispielsweise der „Säbeltanz“
von Aram Chatschaturjan. Ebenfalls
2012 fand noch ein weiteres gemeinsames Konzert statt, das
mittlerweile 4. Weihnachtskonzert Thüringer Akkordeonorchester.
Das 1. Altenburger
Akkordeonorchester, das
Akkordeonorchester Carl
Zeiss JENA e.V. und
Spieler des Erfurter
Akkordeonorchesters Robert Flache e.V.
führten unter anderem die „Kleine Hirtenmesse“ von
Jakub Jan Ryba auf. In der Jenaer Stadtkirche Sankt Michael sang der
Singekreis Ziegenhainer
Tal die Vokalpassagen,
und der Trompeter Manfred Röse übernahm die Soli in
Jeremiah Clarke’s Suite in D Major und der „Sonata en Fa“
von Pietro Baldassare. Trotz der großen Kälte während
des Konzertes wurde den Zuhörern ein einzigartiger Hörgenuss
beschert, was man auf dem Mitschnitt der Veranstaltung, der auf CD
erschienen ist, nachvollziehen kann. Das Publikum honorierte die
Leistung mit großem Beifall. Pünktlich
zu diesem Termin war auch die schon im letzten Abschnitt erwähnte
DVD des gemeinsamen Weihnachtskonzertes von 2008 fertig geworden und
auf dem Label Caput erschienen. Der frischgepresste Mitschnitt konnte
an den Konzertabenden vom Publikum käuflich erworben werden. Zu
Beginn des folgenden Jahres stellte sich das Orchester wieder einmal
einer völlig neuen Herausforderung. Im Rahmen eines
überregionalen Projektes wurden Musikwerke für die
Ausgestaltung eines Gottesdienstes zum Palmsonntag einstudiert.
Gemeinsam mit der Kantorei
Bad Blankenburg und der
Chorgemeinschaft Uhlstädt,
die die Gesangsparts des Programms übernommen hatten, konnte am
Sonntag palmarum 2013 unter der Gesamtleitung von Oberpfarrer Andreas
Kämpf am Vormittag in Bad Blankenburg und am Nachmittag in
Herschdorf ein sehr schöner musikalischer Gottesdienst gefeiert
werden. In Herschdorf musste man der Kälte wegen in das
Gemeindehaus umziehen, das natürlich bis auf den letzten Platz
besetzt war. Im
Lauf des Jahrzehnts wurden noch zwei Mal je zwei Gottesdienste an
verschiedenen Orten vom Orchester begleitet, am 29.03.2015 in Bad
Blankenburg und Uhlstädt und am 09.04.2017 in Köditz und
Unterweißbach. Diese
Auftritte erweiterten das Repertoire des Orchesters um einige sehr
schöne geistliche Musiken, die außerhalb des kirchlichen
Rahmens nur selten aufgeführt werden. Komponisten wie Wolfgang
Carl Briegel, Ulrich Gohl oder Ignace de Sutter waren den Spielern
bis dahin völlig unbekannt gewesen, das aber zu Unrecht, wie man
eingestehen musste. Neben
zwei Unterhaltungskonzerten zum Stadtteilfest in Wenigenjena und zum
Höhlerfest in Gera stand 2013 noch ein besonderer Auftritt an.
Die Chorgemeinschaft
Uhlstädt, die
ebenfalls unter der künstlerischen Leitung von Conrad Haase
stand, hatte das Orchester zum Festkonzert anlässlich des 60.
Geburtstages ihres Frauenchores zum Mitwirken eingeladen. Und wieder
einmal stellte sich heraus, dass das allgemeine Publikum
Akkordeonorchester entweder nicht kennt oder völlig falsch
einschätzt. Der Mozartchor „Laut verkünde unsre
Freude“ aus der gleichnamigen Kantate und vor allem Verdis
„Teure Heimat“ aus der Oper „Nabucco“ waren,
von der Chorgemeinschaft
Uhlstädt und dem
Akkordeonorchester interpretiert, die am meisten bejubelten Stücke
des tollen Konzertnachmittages. Das
Jahr 2014 war geprägt von zwei großen Unternehmungen des
Landesakkordeonorchesters
Thüringen. Erst
einmal galt es, ein würdiges Konzertprogramm zum 20. Geburtstag
des außergewöhnlichen Klangkörpers zu erarbeiten.
Außerdem stand in der Vorweihnachtszeit das 5.
Weihnachtskonzert der Thüringer Akkordeonorchester an, und auch
dafür musste etwas Neues und möglichst Überraschendes
gefunden und einstudiert werden. Die
Vereinsvorstände entschieden sich konsequent gegen ein
Mitschwimmen im allgemeinen Trend der bundesdeutschen
Akkordeonorchester. Es war, aus Gründen der Publikumswirksamkeit
und in dem Glauben, vor allem Jugendliche damit für die
Musikvereine werben zu können, allgemein üblich geworden,
unbedingt „Modernes“ in den Konzertprogrammen zu bieten.
Eine Flut von Filmmusikmedleys und Best Of - Zusammenstellungen von
Hits besonders bekannter Interpreten überschwemmte die Szene.
Waren es früher Operetten- und Musicalmedleys oder gute und auch
weniger gute klingende Komponistenporträts gewesen, so bot man
jetzt Arrangements von Popsongs an, die bei einer möglichst
bekannten Showgröße im Programm standen und ihren großen
Bekanntheitsgrad vor allem der Interpretation dieses Künstlers
verdankten. Es
muss verwundern, dass sich ein großer Teil des Publikums mit
solchen Mogelpackungen nach wie vor zufrieden gibt. Denn was diese
Stücke auszeichnet, ist vor allem die Gesangsdarbietung zum
Beispiel eines Udo Lindenberg, Frank Sinatra oder auch der Comedian
Harmonists, und die kann auf einem Akkordeon nun wirklich nicht
nachempfunden werden. Das
Jubiläum des Landesakkordeonorchesters
Thüringen
wurde im Amphitheater der Senftenberger Neuen Bühne, einer
langjährigen Wirkungsstätte des Dirigenten Conrad Haase,
gefeiert. Am Vorabend hatten alle Mitwirkenden eine Vorstellung
besucht und so schon einmal die Spielstätte aus der
Zuschauerperspektive kennengelernt. Das Programm dann am nächsten
Tag stand unter dem großen Motto Bigbandmusik und konnte dabei
auf liebe Freunde zurückgreifen, die auch schon in der
Vergangenheit gemeinsam mit dem Orchester musiziert hatten. Vladimir
Miller an Klarinette und Saxophon, Joachim Hesse an Trompete und
Flügelhorn und Sascha Mock an den Drums brachten den nötigen
Sound ein für die weltbekannten Stücke, die zur Aufführung
kamen. Besonderer Höhepunkt war ein Medley aus Leonard
Bernsteins „Westside-Story“. Die
Vorbereitung des Konzertes leisteten die Orchester und Einzelspieler
für sich allein. In lediglich einer einzigen Mammutgesamtprobe
wurde dann alles zusammengeschweißt und zum Klingen gebracht.
Das war schon eine große Leistung für ein immerhin fast
zweistündiges Programm mit sehr anspruchsvollen Swingtiteln und
vielen anderen weltbekannten Evergreens. Das Publikum ging bei jedem
Stück mit und entließ das Orchester erst nach mehreren
Zugaben in den heißen Sommerabend. Für
das 5. Weihnachtskonzert Thüringer Akkordeonorchester konnte
wieder mit etwas Neuem aufgewartet werden. Mit Blasinstrumenten war
in der Vergangenheit auch zu Weihnachten schon öfter gemeinsam
musiziert worden. In diesem Jahr aber spielte die Geigerin Claudia
Klemm vom Philharmonischen
Orchester Gera zwei
bekannte Violinkonzerte von Antonio Vivaldi und Oskar Rieding und
wurde dabei souverän und einfühlsam begleitet. Ein
weiterer Höhepunkt war die Aufführung des musikalischen
Märchens „Peter und der Wolf“ von Sergej Prokofjew
am Schluss des ersten Teils. Mit Mike Körner in der Rolle des
Erzählers brachte das Orchester eine begeisternde Fassung des
kleinen Juwels der Musik auf die Bühne. Sowohl im Jenaer
Volkshaus als auch in der Altenburger Brüderkirche gab es dafür
riesigen Beifall. Den
Gesangspart in den knapp zehn Weihnachtsliedern des übrigen
Programms übernahmen in Jena diesmal der Singekreis
Ziegenhainer Tal und die
Chorgemeinschaft Uhlstädt
gemeinsam. Dadurch wurde auch im Chorklang eine deutlich hörbare
Verstärkung erreicht, was erheblich mehr Lautstärkenunterschiede
ermöglichte und natürlich auch die Textverständlichkeit
erhöhte. Zwischen
den beiden Konzerten in Jena und Altenburg spielte das
Akkordeonorchester noch zu einem Weihnachtskonzert in Gossel bei
Arnstadt. MD Konrad Bach, der im schönen Thüringer Wald ein
aktives Rentnerdasein führte, arbeitete dort fleißig
daran, den Einwohnern des kleinen Ortes und der Umgebung
anspruchsvolle Konzerterlebnisse zu ermöglichen. Nachdem er das
Orchester 2013 beim Jubiläumskonzert des Frauenchors in Uhlstädt
erstmals erlebt hatte, kam von ihm spontan die Einladung zum
Adventskonzert im nächsten Jahr. Dem wurde vom Verein einhellig
zugestimmt, zumal dem Orchester genügend musikalisches Material
aus den Konzerten in Jena und Altenburg zur Verfügung stand,
also eigentlich keine zusätzliche Probenzeit gebraucht wurde. In
Gossel gab es einen kleinen aber feinen Chor, der die
Weihnachtslieder mit Orchesterbegleitung sang, und eine Enkelin des
MD versuchte sich mit Erfolg an dem schon erwähnten
Violinkonzert von Karl Rieding. Zu einem absoluten Knaller geriet
aber das Xylophonsolo „Palisander“, das sich Konrad Bach
persönlich gewünscht hatte. Auch die Bewohner des kleinen
Ortes und der Umgebung, die zum Konzert sehr zahlreich in der schönen
Kirche erschienen waren, staunten nicht schlecht, was ein
Klangkörper, der nur aus Akkordeons besteht, zu leisten in der
Lage ist. Für
den 20. Juni des folgenden Jahres war das Orchester dann anlässlich
des 450sten Ortsjubiläums von Katzhütte zu einem Konzert in
die dortige Kirche eingeladen worden. Im ersten Teil des Programms
wirkten außerdem die Chorgemeinschaft
Uhlstädt und der
Kirchenchor
Großbreitenbach
mit. Dieses Konzert zeigte die gesamte Bandbreite, die das Orchester
bedienen konnte. Begonnen mit Renaissancemusik führte der Bogen
über Barock- und klassische Musik bis in die Moderne und hier
bis zu Dixieland und Swing. Die kleine Kirche war voll besetzt, und
der Bürgermeister sprach das wohl größte Lob für
einen Künstler aus. Er wünschte sich in seinem Schlusswort,
das Orchester unbedingt ein zweites Mal erleben zu können. Das
Konzertieren in Kirchen des Thüringer Waldes sollte sich
allmählich zu einer guten Tradition entwickeln. Nach dem
Auftritt in Katzhütte wurde das Orchester für das kommende
Jahr nach Großbreitenbach eingeladen. Es folgte am 02.09.2017
die Kirche in Mellenbach, und für den 29.06.2019 wurden die
Spieler nach Herschdorf eingeladen. Hier war für die vokalen
Teile des Programms der Volkschor
Schmölln vom
Veranstalter verpflichtet worden. Die Zusammenarbeit klappte
vorzüglich, kannten sich die Spieler und Sänger doch
bereits von einigen Weihnachtskonzerten in Altenburg her. Die
übrige Zeit des Jahres 2015 wurde an einem besonderen Höhepunkt
für den Verein gearbeitet, der Vorbereitung des
Jubiläumskonzertes anlässlich des 60jährigen
Bestehens. Hierzu waren immer wieder Ideen geboren und verworfen
worden, dann aber schälte sich ein guter Grundgedanke heraus. Im
ersten Teil sollte nach der Suite „España“ von
Isaac Albénitz, einem Stück, das die Spieler bis an die
Grenzen ihres technischen Vermögens forderte, ein kleiner
Überblick über die bei den Mitgliedern des Vereins in den
vergangenen Jahrzehnten beliebtesten Stücke gegeben werden. Für
den zweiten Teil wurden speziell sechs bekannte Rock- und Popstücke
für Akkordeonorchester und E-Gitarre eingerichtet. Hier handelte
es sich wieder einmal um totales Neuland für das Orchester und
natürlich um viel Arbeit bei der Vorbereitung. Die
Gitarristin Kirsten Kriester, der Bassist Tobias Haase, der
Schlagzeuger Sascha Mock und befreundete Spieler aus Altenburg und
Erfurt unterstützten das Orchester dann tatkräftig im
Konzert. Für die Besucher und die Musiker ging diesmal im Jenaer
Volksbad im wahrsten Sinne des Wortes die Post ab. Anfang
des Jahres 2016 luden die Stadtwerke Jena das Orchester für die
musikalische Ausgestaltung ihres Neujahrsempfangs ein. Die Spieler
nahmen diese Einladung gern an, war das Unternehmen doch ein treuer
Sponsor des Vereins. Man hatte ein anspruchsvolles Programm
vorbereitet und präsentierte sich in bester Spiellaune. Im
gleichen Jahr fand neben einem Konzert zum Wenigenjenaer
Stadtteilfest und zwei kleineren Auftritten Im Thüringer Wald
wieder ein sehr schönes Weihnachtskonzert mit dem
Landesakkordeonorchester
Thüringen in
Altenburg und Jena statt. Das Besondere am „6.
Weihnachtskonzert Thüringer Akkordeonorchester“ war, dass
in der Altenburger Brüderkirche zwei Konzerte gegeben werden
mussten, weil die Eintrittskarten für die rund 800 Plätze
binnen kürzester Zeit vergriffen waren. Und auch für das
zweite Konzert konnte man nur schwer Karten bekommen. Die Presse
sprach nicht ohne Grund vom „Wunder von Altenburg“. Das
Programm des Konzertes hielt für die Zuhörer wieder etwas
Besonderes bereit. Neben dem Concerto grosso „Palladio“
von Karl Jenkins und dem rasanten Xylophon-Solo „La Paquita“
von Walter Sommerfeld kamen drei neue Weihnachtslieder für Chor
und Orchester zur Aufführung. Die Kritik war des Lobes voll über
die Interpretation des dreisätzigen „Palladio“ durch
das Landesakkordeonorchester.
Allgemein üblich in der Akkordeonszene war bis dahin, nur den
ersten Satz zu spielen. Besonders das solistische Wechselspiel der
beiden Konzertmeister im Mittelsatz wurde sehr gelobt und vom
Publikum dankbar honoriert. Das
Jahr 2017 brachte für den Verein vor allem zwei große
Veranstaltungen, zum einen die Teilnahme am Herbstkonzert der
Chorgemeinschaft Uhlstädt
und zum anderen die aktive Mitwirkung im Jubiläumskonzert des 1.
Altenburger Akkordeonorchesters 1952 e.V.
anlässlich dessen 65jährigen Bestehens im November. Das
Orchester war hierfür, wie die übrigen Gäste auch
(Chor, Solotrompeter und Schlagzeugaushilfen), vom Altenburger Verein
für einen festen Geldbetrag engagiert worden. Das unter der
Leitung der beiden Dirigenten Matias Fierro und Conrad Haase
stattfindende Konzert wurde ein sehr großer Publikumserfolg und
man kann es als offiziellen Mitschnitt käuflich erwerben. Im
zweiten der beiden Konzerte nutzte der Präsident des DHV
Jochen Haußmann die Gelegenheit, dem Vereinsvorsitzenden und
verdienstvollen Konzertmeister des 1.
Akkordeonorchesters Altenburg 1952 e.V.
Werner Osten die Hermann-Schittenhelm-Medaille zu verleihen. Mit
dem traditionellen Adventskonzert im Jenaer Stadtteilzentrum LISA und
einem gemeinsamen Weihnachtskonzert mit der Chorgemeinschaft
Uhlstädt in der
dortigen Kirche endete ein überaus arbeitsreiches Jahr. Denn
allein für das Altenburger Jubiläumskonzert waren zehn
völlig neue und zum Teil sehr umfangreiche Stücke
einstudiert und zur Aufführung gebracht worden. In
diesem Zusammenhang muss auf eine nicht unwichtige Veränderung
in der öffentlichen Präsens des Akkordeonorchesters
Carl Zeiss JENA e.V.
eingegangen werden. Schon seit einigen Jahren gestattete die strenge
Haushaltspolitik des Vereins nicht mehr, finanziell nur dürftig
honorierte Auftritte beispielsweise zu Marktfesten, in Kliniken, oder
auch in Altersheimen anzunehmen. Von den Veranstaltern musste jetzt
ein Mindesthonorar als Entschädigung für den geleisteten
Aufwand gezahlt werden, und wer das Orchester wirklich haben wollte,
hatte damit auch keine Schwierigkeiten. Allerdings
wurde der Verein dadurch in der Öffentlichkeit weniger
wahrgenommen als in früherer Zeit, denn Auftritte in seiner
Heimatstadt Jena waren seit mehreren Jahren immer rarer geworden. Die
Konzertaktivitäten hier reduzierten sich fast völlig auf
die jährlichen Konzerte zur Weihnachtszeit. Hinzu kam, dass sich
die großen eigenveranstalteten Auftritte anlässlich von
Jubiläen und im Rahmen des Landesakkordeonorchesters
Thüringen als
künstlerisch am überzeugendsten und finanziell am
ertragreichsten herausstellten. Trotz der enormen Kosten für die
Saalmieten, die Honorare der Solisten und der Gastmusiker an den
Zusatzinstrumenten, die Ausgaben für Notenmaterial und Werbung
und, nicht zu vergessen, die GEMA-Gebühren lohnten sich diese
Veranstaltungen, ein volles Haus natürlich vorausgesetzt, vor
allem auch für die Vereinskasse. Nur
durch solche hohen organisatorischen und probenmäßigen
Anstrengungen war der Verein letztlich in der Lage, die nötigen
Reparaturen am Instrumentarium und auch einige Neuanschaffungen zu
finanzieren. Die dazu notwendigen jeweiligen Probenwochenenden wurden
nach wie vor zur Hälfte durch die Spieler selbst getragen. Das
Jahr 2018 brachte erst einmal eine Einladung zu den „Kleinen
Tagen der Harmonika“ nach Klingenthal. Dem Verein wurde
vorgeschlagen, im Rahmenprogramm des national sehr bekannten
Akkordeonwettbewerbs aufzutreten. Das Orchester nahm die Einladung
gern an und bot ein sehr anspruchsvolles Programm, das vom Publikum
begeistert aufgenommen wurde. Unter anderem erklangen erstmals die
„Drei Evergreens aus Porgy und Bess“ von George Gershwin
und die Titelmelodie der Fernsehserie „Magnum p.i.“ von
Mike Post. Diesmal
fuhren die Spieler nach dem Konzert aber nicht gleich wieder nach
Hause, sondern man verbrachte auch den nächsten Tag in
Klingenthal und besuchte mehrere Instrumentenmuseen. Eine gemeinsame
Fahrt in dieser Form hatte es seit langem nicht mehr gegeben. Im
April des gleichen Jahres gab das Orchester ein Konzert in seinem
Probendomizil LISA anlässlich des 20jährigen Bestehens
dieser städtischen Einrichtung und wirkte mit an der
Jubiläumsfeier „65 Jahre Frauenchor Uhlstädt“. Im
Juni konnte der Verein endlich wieder einmal eine große
Anschaffung vermelden. Durch eine Zuwendung des Thüringer
Wirtschaftsministeriums aus Lottomitteln und eine ergänzende
Spende der Firma Carl Zeiss war es möglich, ein
Multi-Sound-Akkordeon zu kaufen. Neben dem Synthesizer aus dem Jahr
1995 konnte das Orchester nun noch ein zweites Instrument einsetzen,
um die Soundmöglichkeiten über den reinen Akkordeonklang
hinaus zu erweitern. Die
meiste Zeit des 2. Halbjahres war der Vorbereitung des anstehenden
„7. Weihnachtskonzertes Thüringer Akkordeonorchester
gewidmet. Immerhin musste unter anderem die achtsätzige
Weihnachtskantate „Tausend Sterne sind ein Dom“ neu
einstudiert werden. Diese erklang dann in den Konzerten in Altenburg
mit dem Volkschor Schmölln
und in Jena mit dem Singekreis
Ziegenhainer Tal und der
Chorgemeinschaft Uhlstädt. Ein
weiterer Höhepunkt konnte den Zuhörern mit einem vier
Stücke umfassenden Ausflug in die Welt des internationalen Films
geboten werden. „Conquest Of Paradise“ aus dem Film
„1492“, mit Chor und Orchester dargeboten, erwies sich
dabei als das absolute Highlight des Abends. Das
Konzert am 16. Dezember 2018 im Jenaer Volkshaus fand übrigens
auf den Tag genau, und das war natürlich kein Zufall, am 100.
Geburtstag des langjährigen früheren Orchesterleiters
Hermann Reinsch statt. Die
finanzielle Lage des Vereins hatte sich durch konstant gute
Konzerteinnahmen und den Verkauf von überflüssigem
Instrumentarium (Akkordeons unter 120 Bässe und ohne Tonkammer-
oder Cassotto-System noch aus DDR-Produktion) so gut entwickelt, dass
es möglich wurde, ein preiswert angebotenes Akkordeon Hohner
Morino + IV 120 zu erwerben. Dieses Instrument wurde vor allem für
die Konzertmeisterin angeschafft. Insbesondere exponierte Soli
konnten jetzt klanglich enorm aufgewertet werden. Schon beim ersten
Auftritt im Jahr 2019 kam es zum Einsatz.
Das
Konzert fand in der Kirche Herschdorf statt. Mit dabei war der
Volkschor Schmölln,
den die Spieler schon von den gemeinsamen Konzerten in Altenburg her
kannten. Die Zuhörer erlebten ein Programm von erstaunlicher
Vielfalt von Barock bis Rock. Zum besonderen Höhepunkt geriet
ein Udo-Jürgens-Medley, das der Chor zur Orchesterbegleitung
stimmgewaltig regelrecht zelebrierte. Die Chorleiterin Antje Herrmann
hatte in der Vorbereitung ganze Arbeit geleistet. Eine
„Geistliche Abendmusik“ in der Kirche Göschwitz
verdient noch der Erwähnung, lag die musikalische Leitung doch
zum ersten Mal seit knapp 25 Jahren nicht in den Händen von
Conrad Haase. Er hatte sich einer Knieoperation unterziehen müssen
und legte das Dirigat in die bewährten Hände des
Altenburger Orchesterchefs und Konzertmeisters Werner Osten.
Besonders eine „Ungarische Suite“ von Bela Bartok
beeindruckte das Publikum und zeugte wieder einmal vom hohen
technischen und künstlerischen Vermögen des
Akkordeonorchesters Carl
Zeiss JENA. Seit
dem Frühjahr war nebenbei auch immer schon am Programm für
das 2020 anstehende Jubiläumskonzert gearbeitet worden. Dieses
sollte den Zuhörern etwas Außergewöhnliches bieten.
Das Akkordeonorchester wollte das gesamte Konzert ausschließlich
mit Werken der Rock- und Popmusik bestreiten. Fünf Jahre zuvor
hatte man sich an sechs Stücken ausprobiert, diesmal aber wurden
20 auch stilistisch völlig unterschiedliche Titel einstudiert.
Das Motto des Konzertes war schon gefunden: „Rock und Pop von
ABBA bis ZAPPA“. Mit
dem obligatorischen Adventskonzert im Stadtteilzentrum LISA und einem
sehr angenehmen Auftritt zur Rentnerweihnachtsfeier in Jägersdorf
wurde dann das äußerst arbeitsreiche aber auch sehr
erfolgreiche Jahr abgeschlossen. Mitglieder
des Akkordeonorchesters
Carl Zeiss JENA e.V. waren
in den Jahren 2010 bis 2019: Andrea
Erbsmehl, Franziska Fischer*, Liane Gaube*, Katja Güttich*,
Heide Haase*, Janet Hofmann*, Annelies Jakisch, Hannelore Meerstein,
Simone Möller*, Reinhilde Ommer*, Annegret Hohlbein*, Ulrike
Thier*, Ingrid Trommer*, Renate Veit* Dr.
Reiner Baron, Arnd Beier*, Ferdinand Fischer, Florian Fischer, Frank
Fischer*, Gisbert Göbel*, Conrad Haase*, Tobias Habisreuther*,
Andreas Haupt*, Nelio Markert*, Manfred Möller, Hans-Jörg
Raguschke*, Hermann Reinsch, Manfred Rothhardt*, Dr. Christopher
Schneider*, Konrad Veit*, Manfred Weber
Die 2020er Jahre - Zu neuen Ufern
Nach
einem Jahrzehnt ungeahnter künstlerischer Erfolge des Orchesters
war jedermann im Verein gespannt auf die nun folgende Entwicklung.
Und die ersten Monate des neuen Jahres gaben auch Anlass dazu, an ein
weiteres kontinuierliches Ansteigen der Qualität des Ensembles
zu glauben. Vom
31. Januar bis zum 2. Februar 2020 fand die 10. Wochenendschulung im
Landhotel Edelhof in Kolkwitz statt. Sie war in Vorbereitung auf das
65. Jubiläum des Orchesters im Februar organisiert worden und
wurde wieder einmal gemeinsam mit dem 1.
Altenburger Akkordeonorchester e.V.
und Spielern des Erfurter
Akkordeonorchesters Robert Flache e.V.
durchgeführt. Das hatte natürlich seinen Grund, denn für
das geplante Jubiläumskonzert war ein sehr spezielles Programm
zusammengestellt worden. Zur
Aufführung sollten ausschließlich Titel aus der Rock- und
Popmusik kommen. Also diesmal kein Programm, das dem Publikum die
verschiedenen klanglichen und stilistischen Möglichkeiten des
Akkordeons vorführt, wie schon so oft praktiziert, sondern eine
auf moderne Rhythmen und Sounds abgerichtete Musikfolge, die die
Zuhörer von den Sitzen reißen würde. Um
das entsprechende Tonvolumen für eine solche Art von Musik
erreichen zu können, hatte man das Altenburger Orchester
hinzuengagiert und sich der Unterstützung der treuen Spieler aus
Erfurt versichert. Das garantierte eine Orchesterstärke von
mindestens 45 Spielern. Zusätzlich waren vier Gäste
verpflichtet worden, die für die in diesem Metier wichtige
Rhythmusgruppe gebraucht wurden. Christian Cieplik an der Gitarre,
Udo Hemmann am Bass, Sascha Mock an den Drums und Winfried Nitzsche
an Pauken und Percussion sorgten für das musikalische Fundament,
und schon die erste gemeinsame Probe machte allen klar, hier entsteht
etwas Ungewöhnliches. Die
zwanzig zum größten Teil für die Spieler völlig
neuen Musiknummern begannen in den zwei intensiven Gesamtproben in
Kolkwitz ein regelrechtes Eigenleben zu entwickeln. Aller
Schweiß und alle Mühe, die in die Vorbereitung der vor
allem rhythmisch und stilistisch komplizierten Stücke investiert
werden mussten, waren plötzlich vergessen. Alle, auch die
professionellen Gäste, wurden von dem berauschenden Sound der
Meisterwerke solch bekannter Größen wie Pink Floyd, Queen,
Supertramp oder Toto schlicht überwältigt. Und natürlich
fehlten auch die Beatles nicht. Am
16. Februar 2020 schließlich fand der bemerkenswerte Auftritt
im Jenaer Volkshaus statt. Umrahmt von einer wirkungsvollen
Videopräsentation spielte das Orchester vor knapp 900 Zuhörern,
zahlreiche Besucher mussten aus Platzgründen leider weggeschickt
werden, das beste Konzert seines 65jährigen Bestehens. Das
Publikum war schier aus dem Häuschen und entließ die
Akteure erst nach mehreren Zugaben. Die
Wiederholung des Konzertes im April in Altenburg, die nach den
gemeinsamen Proben in Kolkwitz spontan geplant und innerhalb nur
einer einzigen Woche ausverkauft worden war, konnte allerdings nicht
mehr stattfinden. Die sich ausbreitende Corona-Pandemie brachte auch
in Thüringen das Kultur- und Konzertleben zum Erliegen. Am 09.
März fand die letzte Probe des Orchesters in der gewohnten Form
statt. Unter
strengen Hygieneauflagen konnte dann vom 31. August bis zum 26.
Oktober noch einmal probiert werden. Die Auftritte für das
restliche Jahr waren aber zu diesem Zeitpunkt schon vorausschauend
abgesagt worden. Das geplante Weihnachtskonzert des Thüringer
Landesakkordeonorchesters wurde einvernehmlich mit den Partnern aus
Altenburg und Erfurt in das Jahr 2021 verschoben. Mitglieder
des Akkordeonorchesters Carl Zeiss JENA waren in den 2020er Jahren: Franziska
Fischer*, Liane Gaube*, Katja Güttich*, Heide Haase*, Janet
Hofmann*, Annegret Hohlbein*, Simone Möller*, Maria
Schauerhammer*, Ulrike Thier*, Ingrid Trommer*, Renate Veit*,
Reinhilde Ommer* Arnd
Beier*, Frank Fischer*, Gisbert Göbel*, Conrad Haase*, Tobias
Habisreuther*, Andreas Haupt*, Nelio Markert*, Hans-Jörg
Raguschke*, Manfred Rothhardt*, Dr. Christopher Schneider*, Konrad
Veit*
Die Dirigenten des Orchesters Als
Akkordeonlehrer der jungen Volksmusikschule
Jena fasste Gerhard Pröschild
1952 eigene Schüler zum Ensemblespiel in einer Spielgruppe
zusammen. 1955 wurde seinem Antrag zur Aufnahme des Ensembles als
Akkordeonorchester
in die Reihen der Kulturgruppen des VEB Carl Zeiss stattgegeben.
Dadurch ermöglichte er auch interessierten Spielern aus den
Stiftungsbetrieben und der ganzen Stadt Jena das Mitwirken in einem
Orchester und die besondere Erfahrung des Ensemblespiels. Das
Repertoire, das er einstudierte, richtete sich an dem aus, was damals
erreichbar war und beschränkte sich aus diesem Grund auf Volks-
und Volkstanzmusik. Gerhard Pröschild verstand es, die Freude an
der Musik und am Instrument Akkordeon glaubhaft weiterzuvermitteln.
Dafür stehen vor allem die steigenden Mitgliederzahlen seines
Ensembles. Durch
den Wechsel seiner Berufstätigkeit im Jahr 1958 musste er aus
Zeitgründen die Leitung des Ensembles abgeben. Er bat den
älteren Mitspieler Hermann Reinsch, einstweilen den
Dirigentenstab zu übernehmen, und diese „Notlösung“
sollte sich in der Folgezeit als Glücksfall erweisen.
Für
Hermann Reinsch, Sprachlehrer im Schuldienst, war die Musik schon
seit seiner Kindheit die große Liebe. Als eifriger Chorsänger
mit dem Lesen mehrerer Notensysteme bestens vertraut, stürzte er
sich in die neue Aufgabe. Was von Seiten der Werksleitung als
Übergangslösung geplant war, stellte sich nach Jahren des
Suchens nach einem auf musikalischem Gebiet ausgebildeten neuen
Leiter als die endgültige Lösung dar. Hermann
Reinsch führte das Akkordeonorchester
des VEB Carl Zeiss JENA
in der Folgezeit und leitete unverzüglich eine Erweiterung des
schmalen Repertoires ein. Dank enger verwandtschaftlicher Beziehungen
nach der BRD und Westberlin konnte er auch auf Neuerscheinungen des
westlichen Marktes zurückgreifen, und das ermöglichte die
Einstudierung zahlreicher künstlerisch hochwertiger Literatur
des Unterhaltungsgenres. Dies
erhöhte natürlich die Spielfreude der Orchestermitglieder,
und sein erfolgreiches Bemühen um eine Erweiterung des
Klangspektrums mit Schlagzeug, E-orgel und anderen Zusatzinstrumenten
steigerte das Interesse für das Orchester zusätzlich. Hermann
Reinsch begründete 1964 die lange Reihe der Wochenendschulungen,
die bestens geeignet waren, bekanntes Material künstlerisch zu
vertiefen und neue Stücke an die Spieler heranzuführen.
Geschah doch beides in angenehmer Atmosphäre und wurde durch
geselliges Beisammensein genügend aufgelockert. In Zukunft
wurden in Vorbereitung von künstlerischen Höhepunkten wie
Konzerten oder Leistungsvergleichen Wochenendschulungen genutzt, um
eine bestmögliche Aufführungsqualität zu erreichen. Unter
Hermann Reinschs Leitung nahm das Akkordeonorchester
des VEB Carl Zeiss JENA insgesamt
dreimal am Zentralen
Leistungsvergleich gemischter Instrumentalgruppen
in Klingenthal teil. Die Ergebnisse konnten sich hören lassen,
und das Orchester wuchs zu einem in der Stadt Jena und darüber
hinaus beachteten Klangkörper. Vor allem Hermann Reinschs steter
Optimismus ermöglichte das erfolgreiche Überwinden so
mancher Krise. Als Beispiel sei nur der erschreckende Spielerrückgang
anfangs der 60er Jahre genannt. Hermann Reinsch ist es zu danken,
dass die Talsohle durchschritten werden konnte. Auch
nach der Wende 1990 bewährte sich seine Führung. Auf sein
Betreiben hin wurde 1993 ein Verein gegründet, der das Orchester
auf eine neue Basis stellte. Nach
dem Jubiläumskonzert des Akkordeonorchesters
Carl Zeiss JENA e.V. 1995
legte Hermann Reinsch aus Altersgründen die künstlerische
Leitung nieder, fungierte aber noch bis zum Jahr 2007 als
Vorstandsvorsitzender.
Als
der Vorstand des Akkordeonorchesters
Carl Zeiss JENA e.V. 1995
an Conrad Haase mit der Bitte herantrat, die künstlerische
Leitung zu übernehmen, zögerte er nicht lange und sagte zu,
spielte doch seine Frau schon seit vielen Jahren auch im Orchester.
Mit Conrad Haase übernahm kein Fremder diese Funktion, die
Spielgemeinschaft war ihm schon seit seiner Schulzeit bestens
vertraut. Entdeckt hatte ihn Hermann Reinsch bei einem Vorspiel der
Volkskunstschule Jena Mitte der 60er Jahre. Conrad Haase trug ein
Xylophonsolo begleitet vom Klavier vor, und Hermann Reinsch war
sofort davon überzeugt, dass diese Begleitung auch sein
Orchester spielen könnte. Er verständigte sich mit Conrad
Haase und es begann eine fruchtbringende Zusammenarbeit, eine gute
Freundschaft war geboren. In den kommenden Jahren gab es kaum einen
Auftritt mehr, an dem Conrad Haase nicht am Schlagzeug oder später
an der E-Orgel mitgewirkt hätte. Nach
dem Abitur folgte ein Studium an der Hochschule für Musik Franz
Liszt in Weimar, welches er als Diplomdirigent abschloss. Schon
während seiner Studienzeit begann Conrad Haase für das
Akkordeonorchester des VEB
Carl Zeiss Jena zu
arrangieren und auch nach seiner Ausbildungszeit hielt er stets die
Verbindung aufrecht. Er leitete so manche Probe und auch Auftritte,
wenn Hermann Reinsch verhindert war. 1995
übernahm Conrad Haase die künstlerische Leitung des
Akkordeonorchesters ganz und brachte mit neuen Ideen und Stücken
einen Qualitätsschub ins Orchester. Er war der Initiator für
die Fortsetzung der guten Tradition der Wochenendschulungen und
begann die erfolgreiche Serie der Jahreskonzerte. Ebenso geht die
konsequente Veränderung des jährlichen Treffens der drei
Thüringer Akkordeonorchester in ein regelmäßiges
großes Gemeinschaftskonzert in allen drei Städten auf
seine Initiative zurück. Seit
dem Jahr 2000 versuchte er erfolgreich, Barockmusik und andere
klassische Musik in das Repertoire des Orchesters zu integrieren.
Glanzpunkte waren dabei die Uraufführung des musikalischen
Märchens „Peter und der Wolf“ in einer Fassung für
Sprecher und Akkordeonorchester im Jubiläumskonzert 2000 und das
10. Gemeinschaftskonzert Thüringer Akkordeonorchester 2004, ein
Weihnachtliches Konzert, in dem von den festlich barocken Werken bis
zu den Weihnachtsliedern fast ausschließlich Bearbeitungen aus
seiner Feder gespielt wurden. In neuerer Zeit waren es vor allem die
Bearbeitungen von Claude Debussy’s „Deux Arabesques“,
Isaac Albeniz‘ Suite „Espania“, Karl Jenkins‘
Concerto grosso „Palladio“, Siegfried Köhlers
Weihnachtskantate „Tausend Sterne sind ein Dom“ und der
„Ungarischen Suite“ mit Liedern und Tänzen von Bela
Bartok, die erfolgreich vom Orchester uraufgeführt wurden. Weiterhin
galten seine Bestrebungen der Erweiterung des Repertoires in Richtung
Bigbandmusik. Der zweite Teil des Konzertes zum 50. Jubiläum
2005 und der gemeinsame Auftritt der Thüringer
Akkordeonorchester zu ihrem 20. Jubiläum 2014 in Senftenberg
stellten dies eindrucksvoll unter Beweis. Mit
dem 10.Gemeinschaftskonzert Thüringer Akkordeonorchester 2004
begann Conrad Haase auch, das Orchester mit verschiedenen Chören
zusammenzubringen und gemeinsame Auftritte zu organisieren. Das
Begleiten von Sängern, eine neue Erfahrung für die Spieler,
ist seitdem vor allem aus den Programmen zur Weihnachtszeit nicht
mehr wegzudenken. Desgleichen
wurde durch sein stetes Bemühen um Neues und Interessantes das
Begleiten von Instrumentalsolisten im Orchester nicht mehr nur als
etwas Einmaliges gesehen, sondern als wichtiger Teil des ständigen
Repertoires verstanden, was das musikalisch stilistische Empfinden
jedes einzelnen Mitspielers fordert und damit fördert. Seine
jüngsten Bestrebungen gelten der Erarbeitung von stilechten
Bearbeitungen von Meisterwerken aus dem Bereich der Rock- und
Popmusik. Auf diesem Gebiet ist so manche nicht akzeptable
Orchestereinrichtung im Umlauf. Besonders die vielen recht und
schlecht zusammen geschriebenen Medleys mit Titeln vor allem
bekannter Interpreten lassen in künstlerischer Hinsicht oft
vieles zu wünschen übrig. Hier gelten Conrad Haases
Bestrebungen, dem Original, also den Intentionen der Autoren, so nahe
wie möglich zu kommen. Vor allem der sorglosen Vereinfachung in
der Melodie- oder der Harmonieführung der Kompositionen wirkt er
mit seinen Fassungen energisch entgegen. Und er versucht, möglichst
alle Nebenstimmen auf den Orchesterklang zu übertragen.
Orchester, die diesem Anspruch technisch und stilistisch nicht
genügen können, sollten sich seiner Meinung nach einfachere
Stücke aussuchen. Mit
seinem Akkordeonorchester
Carl Zeiss JENA e.V. und
ebenso mit dem Landesakkordeon-orchester
Thüringen hat er bei
seiner Arbeit Klangkörper an der Seite, die seine strengen
Klangvorstellungen verwirklichen können und vor allem auch
wollen. Der große Erfolg des Konzertes anlässlich des 65.
Jubiläums des Akkordeonorchesters
Carl Zeiss JENA 2020 mit
ausschließlich Werken, die diese vorgenannten Kriterien
erfüllen, gibt ihm die Bestätigung, auf dem richtigen Weg
zu sein.
Gerhard Pröschild 1955 - 1958
Hermann Reinsch 1958 - 1995
Conrad Haase seit 1995
[Chronik als download]
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