Die Luft geht ihnen noch lange nicht aus
Das Jenaer Akkordeonorchester feiert sein 60. Jubiläum mit einem Konzert im Volkshaus VON JÖRDIS BACHMANNJena. Viele bringen das Akkordeon mit volkstümlichen Klängen in Verbindung. Dabei kann das Instrument so viel mehr. Was ein Akkordeon alles kann, das zeigt das Akkordeonorchester Carl-Zeiss Jena: Das Repertoire des 22-köpfigen Ensembles reicht von Barockmusik, Klassik und Swing bis hin zu Rock-Musik.
Die ersten Töne spielte das Orchester bereits in den 1930er-Jahren. "Doch in den Wirren der Nachkriegsjahre ging das Orchester unter", sagt Dirigent Conrad Haase, der heute künstlerischer Leiter des Jenaer Akkordeonorchesters ist.
1955 wurde das Orchester von Gerhard Pröschild wiedergegründet. Als Akkordeonlehrer der jungen Volksmusikschule Jena fasste Gerhard Pröschild 1952 eigene Schüler zum Ensemblespiel in einer Spielgruppe zusammen. 1955 wurde seinem Antrag zur Aufnahme des Ensembles als Akkordeonorchester in die Reihen der Kulturgruppen des VEB Carl Zeiss stattgegeben. Pröschild übergab 1958 den Dirigentenstab an Hermann Reinsch. "Ihm hat das Orchester viel zu verdanken", sagt Haase. "Er hat es durch die DDR geleitet und über die Wende hinweg zusammengehalten." Dank enger verwandtschaftlicher Beziehungen zur BRD konnte Reinsch auf musikalische Neuerscheinungen des westlichen Marktes zurückgreifen - dies erweiterte nicht nur das Repertoire des Orchesters, sondern erhöhte auch die Spielfreude.
Mit Schlagzeug, E-Orgel und anderen Zusatzinstrumenten wurde das Klangspektrum des Orchesters zusätzlich erweitert. Anfang der 60 Jahre kam es zu einem erschreckenden Spielerrückgang im Orchester. Doch Hermann Reinsch blieb optimistisch und führte das Orchester durch die Talsohle. 1993 war es Reinsch, der die Gründung eines Vereins vorantrieb, durch den das Orchester auf neue Basis gestellt wurde. 1995 übernahm dann Conrad Haase die Leitung des Orchesters. Reinsch gab seine Position aus Altersgründen auf. So fallen nun das 20. Jubiläum des derzeitigen Orchester-Leiters und das 60. Jubiläum des Vereins zusammen. Reinsch war es, der Haase Mitte der 60er-Jahre entdeckt hatte. Damals habe Haase ein Xylophon-Solo gespielt. In den kommenden Jahren habe es kaum eine Vorstellung des Akkordeonorchesters gegeben, an dem nicht Haase am Schlagzeug oder an der E-Orgel mitgewirkt hätte.
Fragt man Haase heute nach Auftritten, die ihm besonders in Erinnerung geblieben sind, so nennt er unter anderem die Uraufführung des musikalischen Märchens "Peter und der Wolf". Es wurde im Jahr 2000 als Jubiläumskonzert aufgeführt - und natürlich wird es auch in diesem Jahr ein Jubiläumskonzert zu erleben geben, in dem sich das Orchester in all seiner musikalischen Breite präsentieren wird. Die Proben laufen bereits auf Hochtouren. Beteiligt werden auch Musiker aus den befreundeten Orchestern aus Altenburg und Erfurt sein. Damit sind auch schon alle existierenden Akkordeon-Orchester Thüringens genannt.
Im ersten Konzertteil wird als Höhepunkt und Herausforderung die Suite "España" von Isaac Albenitz erklingen. "Die sechs eindrucksvollen Sätze sind unbestreitbar der anspruchsvollste und zugleich schwierigste Teil des geplanten Konzertes", sagt Haase. Zum Konzert wird das temperamentvolle Werk in einer eigens für das Jenaer Orchester geschaffenen Fassung für Akkordeonorchester zu hören sein. Danach spannt das Orchester einen musikalischen Bogen über die vergangenen sechs Jahrzehnte, in denen es künstlerisch gewachsen und gereift ist. Die Stücke, die bei den Musikern selbst in den vergangenen Jahrzehnten am beliebtesten waren, werden zu Gehör gebracht.
Im zweiten Teil des Konzerts wird es eine Besonderheit geben: Zusätzlich zum obligaten Einsatz von Pauken und Schlagzeug wird auch eine E-Gitarre mit von der Partie sein. Für diesen Part konnte die Rock-Lady der "Ronja-Lukas-Band" gewonnen werden. So zeigt das Jenaer Akkordeonorchester mit seinem 60. Jubiläumskonzert, dass es auch für junge Musiker attraktiv ist. Die Rekrutierung des Nachwuchses stellt nämlich momentan die größte Herausforderung dar.
Mehr als 20 Musiker gehören derzeit zum Ensemble, doch der Altersschnitt ist hoch. "Früher waren wir ein Orchester von jungen Leuten und hin und wieder gesellte sich auch ein älterer, erfahrenerer Musiker hinzu. Heute ist es umgekehrt", sagt Haase. Es fehlen die jungen Spieler. Und wenn das Orchester sich nicht zu verjüngen weiß, so könnten die kommenden Jubiläen in Frage stehen. Haase empfiehlt allen jungen Menschen, die Interesse am Akkordeonorchester Carl-Zeiss Jena e. V. haben, sich eine der Proben anzusehen. "Vieles, was man im Internet, auf Youtube beispielsweise, sieht ist nicht besonders hörenswert. Man sollte sich lieber bei einer direkten Klangprobe davon überzeugen, was ein Akkordeonorchester kann."
Jubiläumskonzert am Sonntag, 8. November, 16 Uhr im Volksbad.
Kartenvorverkauf ab 1.Oktober in der Tourist-Information.