Rezensiert - Konzert des Jenaer Akkordeonorchesters
Waschbrettfox herrlich urig und hautnah gespieltVon Karl Müller Schmied
Ein Jubiläumskonzert von einem Laienorchester mit eigenem Profil, das ist eine Sache. die man in der heutigen Zeit nicht hoch genug bewerten kann. Die treuen Freunde des Ensembles schienen das auch zu wissen, denn die Uni-Aula war vorigen Sonntag rappelvoll - und das an einem Frühlingssonntagnachmittag, wo es alle hinauszieht auf die Berge rings um Jena.
Einen kleinen Wald gab es in der Aula auch. 17 Mikrofone standen zwischen den Pulten zum Zeichen dafür, dass die moderne Technik auch vor Akkordeons nicht haltmacht. Conrad Hasse und Herrmann Reinsch als unentbehrliche Leiter dieser Gruppe hatten ein anspruchsvolles Programm angekündigt - und den Mund damit nicht zu voll genommen.
Das Akkordeon greift darin mit zahlreichen Bearbeitungen in seriöse, aber auch unterhaltende Musik ein. Ob alle Beiträge akzeptabel sind, muss bei aller Sympathie für das Orchester wegen seiner hohen Leistungsfähigkeit trotzdem angesprochen werden. Beim Zwischenspiel aus "Notre Dame" 'wurden die Grenzen des (Akkordeon) Möglichen überschritten. Alle anderen Bearbeitungen entsprechen dem Wesen ihres Inhalts. sie tun dem Original keine Gewalt an. So war es genußvoll, die "Partita piccola" zu hören. Der barocke Kern war gut erfasst, und das Akkordeon mit orgelähnlicher Linienführung dafür bestens geeignet. Auch mit seinem Variationen zu einem finnischen Volkslied, schöpft Conrad Hasse die Möglichkeiten des Akkordeons gut aus. Es gibt im Programm genügend Beispiele, wie man ohne dem Original Gewalt anzutun Bearbeitungen angeht. Beim "Notre Dame" ist es der Unisono-Anfang, der diese Schwierigkeiten bereitet, sich auf Akkordeon-Klang einzustellen.
Das Programm Iieß aber auch den kritischen Hörer schnell auf bessere Gedanken kommen, denn in zunehmendem Maße wurde mit Humor in der Musik nicht gespart. Es war schon herrlich urig, den "Waschbrett- Fox" so hautnah mitzuerleben.
Die Krone dieses Nachmittags-Konzerts gebührt aber der Uraufführung einer sachkundigen Bearbeitung von Sergei Prokofiews Melodram "Peter und der Wolf" von Conrad Haase. Wie er die Möglichkeiten des Akkordeons zur Instrumentierung für seine spezielle Besetzung ausschöpft ist meisterlich. Da hatte er wieder einmal eine glückliche Hand bei der Wahl eines geeigneten Sujets für seine Musikanten. Der Weg in der musikalische Großform ist damit geöffnet, denn das Arrangement ist ein bestens gelungener Versuch, ein so bekanntes und liebgewordenes Stück auf andere Art zu hören, ohne dass dabei in die Substanz eingegriffen wird.
Man muss man nicht unbedingt an hellseherische Fälligkeiten glauben, wenn man dieser Bearbeitung Erfolg verspricht. Das Kommt an! Schon deshalb, weil hier kenntnisreich die Möglichkeiten des Akkordeons ausgereizt wurden. Und wie das Akkordeonorchester das Stück umgesetzt hat - sehr beachtenswert! Doch halt - da war ja auch noch ein Sprecher. Herrmann Reinsch in dieser Rolle hat nicht nur mich sehr überzeugt. Nun fehlt nur noch ein Pendant zu "Peter...", und das Orchester kann damit auf Reisen gehn.